Die grundlegenden Wahrheiten

(Spiritualität — Kapitel 2.4)

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2   Wahre Religion ist universale Liebe und Erinnerung an Gott
2.1 Alle Menschen haben von Gott die gleichen Rechte erhalten
2.2 Religiöse Unterschiede
2.3 Erinnerung an Gott
2.4 Die grundlegenden Wahrheiten
2.5 Riten und Rituale in den Religionen

Sie sind in allen Religionen gleich und weisen denselben Weg. Die religiösen Grundsätze, ob sozial, ethisch oder spirituell, haben ein gemeinsames Ziel. Der Mensch sollte ein ethisches Leben führen, der Menschheit dienen, während seiner irdischen Existenz allen anderen helfen, sich selbst erkennen und dann Gotteserkenntnis und Gottesbewusstsein entwickeln, was letztlich zur Göttlichkeit führt.

Religion ist dem Begriff nach eine große bindende Kraft, die den Menschen wieder mit seinem Schöpfer verbindet, den er durch völliges Aufgehen in den alltäglichen Angelegenheiten ganz vergessen hat, da er sich mit der Welt identifiziert hat. Die Liebe zum Menschen und die Liebe zu Gott, wie auch der Glaube an Gott und die lebendige Verbindung mit der wirkenden Gotteskraft oder dem ‘Heiligen Geist’, ‘Ek-aumkar’ oder dem Wort ist die universale Religion, die der Welt von Zeit zu Zeit durch die Heiligen gegeben wurde.

Die Liebe ist ewig und für alle Epochen unwandelbar.Alle Schriften der ganzen Welt lehren das gleiche, nämlich, dass man gute und gottgefällige Taten vollbringen und die rettende Lebensschnur im Inneren ergreifen und — vom Tonstrom getragen — die Heimat seines Vaters erreichen sollte. Gott ist das Ideal und man sollte Ihn mit Liebe und Hingabe anbeten. Die Menschen sollten einander in Liebe dienen.

Der heilige Paulus ermahnte immer die Menschheit:

“Dienet einander in Liebe!”
— Galater 5,13

Die Veden sagen uns, dass wir uns an Gott erinnern und Ihn in Gemeinschaft anbeten sollen. (Atharv Veda: 3:30-5)

Es gibt keine größere Tugend, als unerschütterlichen Glauben an Gott zu haben, sich mit Seinem Heiligen Wort zu verbinden und Seiner Schöpfung auf liebevolle Weise zu dienen. Das ist tatsächlich die wahre, ewige, unveränderliche, und universelle Religion für die gesamte Menschheit.

Guru Arjan, der von der höchsten und heiligsten Wahrheit im Kern aller Religionen spricht, bezieht sich auf die Verbindung mit Shabd Dhun’, dem Tonprinzip, das die erste Manifestation Gottes und die ursachenlose Ursache der ganzen Schöpfung ist.

“Das Höchste und Heiligste in allen Religionen fordert uns auf,
uns mit dem Wort Gottes zu vereinen und Gutes zu tun.”
— Guru Granth Sahib, Gauri M.5

“Es gibt keine größere Tugend als vom Herrn zu singen
(die Göttliche Melodie) und in der Gemeinschaft
mit Seinen Auserwählten zu sein.
O Nanak! Diese Gaben erhält man nur
auf Anordnung des Allerhöchsten und nicht anders.”
— Guru Granth Sahib, Sorath M.5

Aus diesem Grund sammelte Guru Arjan, als er die heiligen Schriften der Sikhs, den Granth Sahib, zusammenstellte, darin genauso die Worte der verschiedenen Meisterseelen — von Hindus, Muslimen und Sikhs — ohne darauf zu achten, welchen Beruf oder soziale Stellung sie in ihrem Leben hatten. So finden wir darin die Worte von Sant Kabir (einem Weber), Nam Dev (40) (einem Kattun-Drucker), Ravi Das (41) (einem Schuster), Dhana Jat (42), Baba Farid (einem muslimischen Gelehrten) und anderen aus der Khshatriya-Kaste (43). Solche göttlichen Seelen kommen ungehindert und frei, mit einer besonderen Mission in die Welt: die erlösende Gnade Gottes an jene auszuteilen, die auf sie hören und ihren Lehren folgen.

Das ist ein Beweis dafür, dass die Wahrheit eine ist, obwohl sie von verschiedenen Weisen zu unterschiedlichen Zeiten und an diversen Orten mit vielfältigen Namen benannt wurde. Diese Meisterseelen, wann und wo immer sie auf der Bühne des Lebens erscheinen, vermitteln der irrenden Menschheit Humanität und Göttlichkeit. Und sie erwecken in ihr die Liebe zum Menschen und zu Gott. Vor allem aber stellen sie die Menschen auf den Pfad, der zurück zu Gott führt. Vom Geist Gottes erfüllt, sind sie Freidenker und versuchen die Menschheit von den hermetisch abgeschlossenen und engen Begrenzungen versteinerter Religionen und Überzeugungen freizumachen, damit sich die Menschen im Sonnenschein Gottes wärmen und von Seiner Herrlichkeit singen können.

Die Heiligen kümmern sich um die Seele und nicht um die Körperhülle mit ihren unterschiedlichen konfessionellen Kennzeichen. Sie versuchen die brüderliche Verbundenheit unter den Menschen aufzubauen und zu festigen. Sie erklären uns den Weg heraus aus dem Körper durch den Prozess des Zurückziehens der Seele und den Weg hinein in die jenseitige, geistige Welt durch die Verbindung mit dem Heiligen Geist oder Naam. Sie kommen, um die individuellen Seelen mit Gott zu vereinen und nicht, um diese Verbindung zu zerstören, wo immer sie bereits besteht.

Ihr einziges Ziel ist es, die ganze Menschheit in den seidenen Banden der Liebe zu vereinen und nicht zu spalten oder zu trennen. Maulana Rumi sagt uns, dass Gott Moses einmal mit folgenden Worten tadelte:

“Ich habe dich in die Welt gesandt, um die Menschen
mit mir zu vereinen und nicht, um jene vom rechten Weg
abzubringen, die bereits mit mir verbunden sind.”

Den Gottmenschen stehen keine religiösen Schranken im Weg. Sie dienen als Leuchtfeuer im stürmischen Meer der Existenz. Tatsächlich haben sie Liebe zu allen Religionen und in Wirklichkeit geben sie ihnen allen Leben und Licht. Ohne das werden die Religionen im Laufe der Zeit allmählich farblos, beschränkt und leblos, wie ein Körper ohne den lebensspendenden Geist.

Guru Nanak zum Beispiel pilgerte ins ferne Mekka nach Arabien, nach Sangladip oder Ceylon im Süden, sowie nach Burma und China im Osten. Genauso wie die Hindus in ihren heiligen Orten Benares und Hardwar, ließ er überall die Menschen von seinen Lehren profitieren. Er trug die universale Botschaft der Vaterschaft Gottes und der Bruderschaft der Menschen überall hin.

Gottmenschen lieben alle Heiligen, die früheren und die gegenwärtig lebenden, ungeachtet des Glaubens oder der Hautfarbe. Gottberauschte Menschen sitzen wie Trinker in der Weinstube Gottes zusammen. Es bestanden brüderliche Beziehungen zwischen Guru Arjan, Hazrat Mian Mir (44) und Bhagat Chajju (45). Guru Hargobind (46) errichtete für die Muslime eine Moschee für ihre Gottesverehrung.

Guru Gobind Singh hegte die gleiche Liebe für Hindus, Muslime und Menschen aller anderen Konfessionen. Als er von den Mogulen (47) in der Ebene von Machhiwara (48) eingekesselt wurde, waren es Muslime, die ihm aus seiner kritischen Lage halfen und sein Leben retteten.

Bhai Kanahya Singh, einer seiner Anhänger, versorgte sowohl die verwundeten Soldaten muslimischen als auch hinduistischen Glaubens auf dem Schlachtfeld mit Wasser und pflegte sie. Als sich unwissende Sikhs über sein angeblich verräterisches Verhalten beschwerten, sagte er seinem Meister, dass er in allen das gleiche Licht gesehen habe wie im Meister, während er mit seinem Wasserbehälter über das Feld gegangen sei, um den Dürstenden und Sterbenden zu dienen. Daraufhin segnete ihn der Guru, weil er seine Lehren richtig verstanden hatte.

Wenn einmal die Unwissenheit beseitigt ist,
fallen alle Unterschiede zwischen Hindus
und Muslimen und in der Tat
zwischen Menschen aller Konfessionen ab
und verschwinden wie ein Nichts.
— Guru Gobind Singh

Gott ist der Urgrund und das Lebensprinzip der ganzen Schöpfung, selbst der Ketzer und Agnostiker. So wie Er alle liebt, so lieben auch die Heiligen, die in Seiner Farbe gefärbt sind, alle.

Einmal nahm Moses mit jemandem ein Mahl ein und fühlte sich im Innersten betroffen, weil sein Gefährte nicht betete, bevor er aß. Gott aber rügte ihn, denn er hatte nicht mit einem anderen unzufrieden zu sein, den Er (Gott) in Seiner grenzenlosen Barmherzigkeit mit Nahrung versorgte.

Solche Meisterseelen haben große und unbegrenzte Liebe für alle Menschen, es spielt dabei keine Rolle ob einige von ihnen die schlimmsten Sünder sind, die von der Gesellschaft am meisten Verachteten und Gehassten. Keiner hat das Recht, Gott seinen Vater zu nennen, solange er nicht bereit ist, seine Mitmenschen wie Brüder zu lieben. Alles Leben kommt von Ihm, und daher sollte man keinen Unterschied machen zwischen hoch und niedrig, zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Jemand mag den Vater nicht kennen, das ist etwas anderes, er ist jedoch durch Ihn geboren, und das ist alles, was man wissen muss und wonach man handeln muss.


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References:

(40) Naam Dev: indischer Heiliger, vom BerufStoffdrucker
(41) Ravi Das: indischer Heiliger, vom BerufSchuster
(42) Dhanna Jat: indischer Hindu-Mystiker und Dichter, 15. Jahrhundert
(43) Khshatriya: Kaste der Krieger und höheren Beamten
(44) Hazrat Mian Mir: indischer Sufi-Heiliger, 17. Jahrhundert
(45) Chajju Bhagat: indischer Heiliger, 16. Jahrhundert
(46) Guru Hargobind: 6. Guru der Sikhs, 17. Jahrhundert
(47) Mogulen: islamisches Herrschergeschlecht in Indien, 16./17. Jahrhundert
(48) Machhiwara: Ort im Punjab, Indien, wo Guru Gobind Singh nach der zweiten Schlacht von Chamkaur von zwei seiner muslimischen Ergebenen gerettet wurde.


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