Hindi Satsang, Sawan Ashram, Delhi — veröffentlicht im Sat Sandesh (SSD 1975-5, SSE 1971-7).
Wenn ein wahrer Meister einen Schüler annimmt, ändert sich die Situation dieses Menschen.
”Wir waren verirrte Wanderer ohne einen einzigen Freund.
Vom Satguru angenommen, wurden wir beachtet.”
Unter der Obhut des Meisters wird er eine “angenommene” Seele. Wir alle leben in menschlicher Gestalt, aber wahre Menschen sind selten. Jemand, der mitleidsvolle Gefühle für andere hegt, der wahrlich die Verkörperung der Liebe ist — dies so sehr, daß ihn nichts anderes erfüllt — den kann man einen wahren Menschen nennen. Ein solches Wesen hat die Macht, diese Liebe auf die ganze Welt auszustrahlen.
Gott ist Liebe, aber wir haben Ihn nicht gesehen. Wir können Ihn jedoch personifiziert sehen, offenbart in einem wahren Menschen, der als die Kraft Gottes in einem menschlichen Pol wirkt. Diese Person ist verkörperte Liebe.
Viele Kräfte haben eine gewisse Macht, aber wie kann man etwas von dieser Macht erhalten? Die Körperkraft eines starken Mannes ist ein Teil von ihm; er scheint eins mit ihr zu sein, aber wenn man Zeuge des Ausmaßes seiner Kraft wird, bekommt man ein Gefühl dafür, was Stärke eigentlich ist. Genauso geben die Meister Hinweise auf das, was Gott ist, was wahrgenommen werden kann, und diese Kraftausstrahlung kann auf andere übertragen werden.
Sie verkünden: “Es gibt Gott — wir haben Ihn gesehen.” Guru Nanak sagt: ”Nanaks Gebieter wird deutlich gesehen.” Christus sagte zu seinen Jüngern: “Sehet den Herrn.” Er gab keine nähere Erläuterung dazu. Von Kabir Sahib hören wir:
“Kabir sagt, meine Zweifel schwanden,
als ich den allesdurchdringenden Herrn erblickte.”
Viele Meister sagten ähnliches. Und wo ist der Herr? Die Frage ist eigentlich, wo ist Er nicht? Alles ist seine Schöpfung — “Durch ein Wort wurden Millionen Flüsse hervorgebracht.” Er dachte: “Ich bin Einer und möchte viele werden” Die zum Ausdruck kommende Gotteskraft ging von Ihm aus und rief die ganze Schöpfung hervor. “Die ganze Welt, die wir sehen, ist Gottes Abbild; das Abbild Gottes ist vor uns.” Alle heiligen Schriften sagen uns, daß Gott überall ist; aber die Meister sagen: “Wir haben Ihn gesehen.”
Nachdem wir diese menschliche Gestalt erhielten, sollte unser höchstes Ziel sein, Gott zu erkennen. Alle Schriften rufen laut in vielen Sprachen und auf verschiedene Weise: “Gott, Gott, Gott” — aber wenn die Meister kommen, beweisen erst sie über allen Zweifel erhaben, daß es Gott wirklich gibt, und bezeugen, daß sie Ihn gesehen haben.
“Niemand kennt den Sohn denn nur der Vater;
und niemand kennt den Vater denn nur der Sohn
und wem es der Sohn will offenbaren.”
— Matthäus 11:27, Lukas 10:22
Wer sind diese Söhne oder Gotteskinder? Es sind jene, in denen Er offenbart ist, Sie sind das verkörperte Wort. “Im Guru ist Er selbst offenbart und verteilt Shabd.“ Verzweifelt ruft der wahre Sucher: “Ist irgend jemand da, der mich mit Gott verbinden kann?” Durch das Erscheinen einer solchen Meisterseele können die Menschen eine tatsächliche Verbindung mit dem Sein Gottes erhalten — andernfalls werden sie weiter an allem zweifeln, obwohl sie anstreben mögen, Ihn durch Bücher oder mit Hilfe von irgendwelchen Übungen zu erkennen. Manche sagen, daß Gott existiert und in jedem Lebewesen vibriert. Manche sagen, daß Gott Licht sei und das ganze Universum erleuchte — ja, daß es überhaupt keinen Ort gäbe, wo Er nicht sei. Aber die Frage bleibt: Hat Ihn irgend jemand gesehen? Wenn auch nur ein einziger Mensch den Herrn sah, gäbe es in der Tat Hoffnung, daß andere die gleiche Erfahrung machen könnten. Aber eine solch bevorzugte Person wird vom Herrn selbst in die Welt gesandt, und er kann in jeder Rasse und in jedem Land kommen, mit der einzigen Aufgabe, das Kind — die Menschheit — zu führen, um es zum Vater zu bringen.
Warum offenbart Gott sich in einem menschlichen Pol? Weil ein Lehrer des Menschen selbst ein Mensch sein muß, denn dem Menschen kann die Wahrheit nur durch jemanden in derselben Gestalt gelehrt werden. Die Meister haben keine andere Aufgabe in der Welt, als die verirrten Seelen zu ihrer Quelle zurückzuführen, indem sie sie mit Gott verbinden. Sie haben keinerlei soziale Interessen und keinerlei politische Absichten, denn ihre Aufmerksamkeit konzentriert sich allein auf spirituelle Angelegenheiten. Alle anderen Dinge sind nebensächlich.
Der Mensch hat einen Körper, er hat den Verstand und eine Seele — oder genauer gesagt, er hat nicht eine Seele, sondern ist Seele. Das, was wir Seele nennen, ist ein bewußtes Wesen. Man mag Körper und Verstand entwickeln, aber da wir die Seele selbst sind, sollten wär uns auch spirituell entwikkeln» Mit sehr wenig Anstrengung kann man ein Hort physischer Kraft werden oder sich zu einem intellektuellen Riesen entwickeln, fähig, erstaunliche Erfindungen zu machen. Es ist recht, Körper und Verstand mit Nahrung zu versehen — aber welche Nahrung haben wir der allbewußten Seele gegeben?
Weiters glauben wir, daß Gott alle Weisheit, alles Licht, alles Leben und alle Liebe ist, aber wo ist Er? Zur Klärung des Problems gab man Ihm zahllose Namen, mit deren Hilfe die Menschen verstehen sollten. Wir sollten all diese Namen, die den Herrn repräsentieren, achten. “Ich unterwerfe mich freudig all Seinen Namen.”
Aber es geht ja gar nicht um die Namen, der Benannte ist es, mit dem wir uns beschäftigen. Wir müssen das ergreifen, worauf all diese Namen hinweisen. Wenn ein großer Meister kommt, zeigt er uns das Eine, was alle Welt unter verschiedenen Namen anbetet. Er sagt aber nichts ”Gott ist alles Licht.” Er sagt: “Dies ist das Licht — seine Widerspiegelung.” Denn er erklärt, daß obgleich es wahr ist, daß kein Ort ohne dieses Licht ist, es zuallererst in diesem Körper — dem in wahren Tempel Gottes — gesehen werden muß.
Warum kann ein Meister den Herrn sehen und wir nicht? Weil in unserem Innern das Gemüt die Sicht behindert. Wir sind vierfach gegliedert — ”chit”, ”manas”, ”buddhi” und ”ahankar”, das heißt Unterbewußtsein, Gemüt, Verstand und Ego — und wir können den Herrn nicht sehen, bis wir nicht alle vier zur Ruhe gebracht haben. Obgleich die Atmosphäre von beseeltem Leben überschäumt, zögert ein Mensch durchschnittlicher Intelligenz, das zu glauben, denn er kann das Leben nicht mit bloßem Auge sehen. Die Meister betonen, daß man auf keinen Fall glauben soll, bis man nicht selbst gesehen hat.
”Solange ich nicht mit eigenen Augen sehe,
kann ich auch den Worten des Gurus nicht glauben.”
Wer etwas behauptet, muß bereit sein, es zu beweisen. Wer erklärt, es seien Mikroben in der Luft, der sollte auch in der Lage sein, sie anderen zu zeigen. Und — wie wir wissen — ist das mit Hilfe des Mikroskops möglich. Jene verschwindend kleinen Lebewesen waren schon seit eh und je da — und dennoch . . .
Sehen ist Glauben.
Wenn also ein erleuchteter Mensch sagt: “Es gibt Gott, Er ist Licht, Er wohnt allem und jedem Lebewesen inne, und Er erhält unser Leben” — so werden wir doch erst wissen, daß jener wirklich erleuchtet ist, wenn er uns dieses Licht in unserem Inneren zeigen kann. Wir schließen die Augen und betonen nachhaltig, daß es da gar nichts zu sehen gibt, aber wer etwas sieht, kann es auch anderen zeigen.
“In Gemeinschaft des Heiligen wurde der Herr im Innern gesehen.
Danach klang der Name Gottes um vieles süßer.”
So wird Simran (die Wiederholung der Namen Gottes) genau, und um so inniger wird unsere Hingabe. Man kann sich merken: Wenn man beginnt, im Namen des Herrn eine bezaubernde Süße zu empfinden, wird man wissen, daß das unser erster Schritt auf dem Weg zur ewigen spirituellen Vereinigung ist.
Wenn wir Seinen Namen mit Gewalt nehmen, gibt es keinen Nektar, denn man kann sich nur dessen erfreuen, was man wirklich erlebt.
“Wie kann man ohne zu sehen,
ohne den Schwierigkeiten des Suchens,
etwas einfach nur durch Wiederholen erlangen?”
Leere Worte enthalten gar nichts — aber wenn wir zum Beispiel die süße Mangofrucht einmal gekostet haben, werden wir uns der Süße der Frucht bei der flüchtigsten Erwähnung des Namens erinnern. Und genauso wird es sein, wenn irgend jemand uns von dem Nektar des Herrn kosten läßt. Dann können wir Ihn mit jedem Namen anrufen — einer wird so lieblich klingen wie der andere.
Der Guru verbindet uns mit der alles durchdringenden Kraft Gottes.
“Durch den Segen des Meisters
nimmt Gott in uns Wohnung;
und man kann die wahre Frucht erlangen.”
Wenn sich der Herr euch durch eine erleuchtete Seele offenbart, beginnt ihr euch der göttlichen Trunkenheit zu erfreuen. Und ohne Zweifel werdet ihr wissen, daß es Gott gibt. Die Rishis, Munis, Mahatmas, die Weisen aller Zeiten haben gesagt, daß die Kraft Gottes in der Welt ist. Sogar die Atheisten sind sich darüber einig und bestätigen: “O mächtiges Atom!” Gleichwohl besteht der Unterschied, daß einerseits Gott von einem gerühmt wird, der Ihn sieht, und Er andererseits in Büchern und auch nur vom Hörensagen gepriesen wird.
Jemand, der den Herrn sieht, ist auch fähig, einen Beweis von Ihm zu geben, und normalerweise nennt man ihn einen Sadh, Sant, Mahatma, Guru oder ähnlich. Die eigentliche Bedeutung des Wortes Guru ist, Licht ins Dunkel bringen, nämlich: “Vertreiber der Dunkelheit.” Natürlich ist er auch in der Lage, den wahren Sinn der Schriften zu erklären, die gewöhnlich von verschiedenartigen Leuten unterschiedlich ausgelegt werden.
Wir alle sind als Menschen mit den gleichen gottgegebenen Vorrechten geboren worden. Wo wohnt nun Gott? In jedem Haus, das Er selbst im Schoß der Mutter geschaffen hat, dessen Schlüssel aber nur der Guru besitzt. Wie können wir den Schlüssel bekommen?
“Wer die Worte des Gurus beherzigt,
dem wird Er fürwahr das Geheimnis offenbaren.”
Der Guru wird dann das Geheimnis des Lebens preisgeben. Den wahren Meister hat es immer gegeben. Wie in der Vergangenheit und auch heute die Welt nicht ohne sie ist, so werden sie auch in Zukunft da sein. Denn schließlich ist jedermann Gottes Kind, und Sein ehernes Gesetz von Bedarf und Versorgung gilt allezeit.
Wo auch immer ein Feuer entzündet wird,
kommt Sauerstoff, um die Flammen zu entfachen.
Wenn die Menschen durch äußere Eindrücke an ihrer eigenen Engstirnigkeit ersticken und sich einzig für ihre Hüllen interessieren, sich selbst und ihre angeborene königliche Natur vergessen, dann kommt der Meister, um sie erneut zu beleben, sie vom Schlummer zu erwecken, und die trockene Wüste mit lebenspendendem Wasser zu überschütten.
“Erwache, erwache, denn während du schläfst,
geht das Spiel (Leben) seinem Ende entgegen.”
Der größte Teil unseres Lebens ist schon vorüber, sehr wenig ist geblieben — vielleicht 10, 20 oder 30 Jahre. Habt ihr den Herrn verwirklicht? Jene, die mit einem Meister in Verbindung kamen, lösten das Rätsel, und ihr Leben wurde ein glanzvoller Erfolg. Aber wenn die Meister die Welt verlassen, entstehen Schulen und Lehrgemeinschaften, die wir Religionen nennen, um die Lehren am Leben zu erhalten. Dann legte sich jede Schule ein eigenes Etkett zu, und nun gibt es Hindus, Moslems, Sikhs, Christen, Buddhisten, und so viele andere. Hat der Herr selbst jedes Lebewesen mit einem bestimmten religiösen Brandmal versehen, als Er es in die Welt sandte? In den Augen des Herrn sind alle lediglich Seine Kinder, aber der Mensch selbst hat sich von seinen Mitmenschen abgesonderte Während der lebende Meister auf Erden weilte, wurde vielen die Gunst seiner Gegenwart zuteil, aber als er ging, hatte das den Verlust seiner belebenden Ausstrahlung und Stagnation und Entartung der Gemeinschaften zur Folge. Derselbe gute alte Brauch verfälscht sich selbst, und schließlich muß der Meister wiederkommen, um die Seelen von neuem aufzuwecken.
“O Brüder, ihr lebt in der Vergessenheit —
als Menschen sind wir alle eines Wesens.”
Alle haben wir diese wahrhaft goldene Gelegenheit, aus unserem Leben wirklich das Beste zu machen. Jeder hat die gleiche Chance, wir sollten sie also jetzt wahrnehmen, sonst müssen wir wieder durch den nie endenden Kreislauf gehen. Alle Meister betonen, daß nun die Reihe an euch ist, Gott zu finden.
“Da ihr jetzt diese Gestalt habt, seid ihr an der Reihe,
Gott zu finden. Alles äußere Wirken ist wertlos,
sucht die Gesellschaft eines Sadh (wahren Heiligen)
und wiederholt nur den Namen des Herrn.”
Bleibt in Gesellschaft dessen, der das verkörpert WORT ist, in dem Gott offenbart ist; denn er wird euch einen Beweis der Spiritualität liefern, der von Tag zu Tag vermehrt werden kann.
Äußere Lehren, die wir Apara-Vidya nennen, sind eine Hilfe, aber man sollte sie niemals unbesehen übernehmen. Untersucht, aus welchem Grunde bestimmte Eiten vollzogen werden und warum man Lampen entzündet, Glocken läutet und so weiter. Wenn ihr eure Untersuchungen fortsetzt, bis ihr eine echte Erklärung gefunden habt, ist eure Zeit gut genutzt. Rituale gedankenlos zu befolgen, vermag wohl manchmal das Gemüt zu beruhigen, aber sie bieten nichts Wertvolles. Was auch immer wir tun, alles hat wenig Sinn, solange dadurch nicht unsere Bewußtheit zunimmt. Lernt zu unterscheiden. Nehmt die Wahrheit an und zieht den besten Nutzen aus dem Unwahren. Sucht jemanden, der voll erwacht ist, der die Kraft der Unterscheidung in vollem Umfang hat. Man kann ihn nennen, wie man will; manche sagen Guru oder Sant, manche Mahapurush oder Satpurush. Obgleich sie alle Menschen sind, ist der Mahapurush doch jemand, der zu vollem Menschsein erwacht ist. Der Satpurush ist jemand, der mit der Wahrheit selbst eins wird. Wir sind alle Purush oder bewußte Wesen, und wir sind alle mit einer menschlichen Gestalt gesegnet; es ist die ungewöhnliche Gelegenheit, den Herrn erkennen zu können.
Apara-Vidya ist ein Ausdruck für äußere Methoden, Aufsagen von Namen, Gebeten, hingebungsvolle Rituale und Bräuche, Pilgerfahrten, Almosen und milde Gaben, Buchwissen, Singen von Hymnen usw. — sie alle hängen mit dem Gemüt und den Sinnen zusammen. Wir werden Belohnung durch solche guten Werke erhalten, aber wenn wir sie tun, bleiben wir die Handelnden, und solange wir uns für die Ausführenden halten, wird es uns weiter herumtreiben im endlosen Kreislauf von Geburt und Tod. Solange das Ego bleibt, sind beide, gute und schlechte Taten, bindend; mit den Worten Lord Krishnas “… wie goldene und eiserne Fesseln.”
Was ist nun die wahre Ursache von all dem? Der Wunsch. Der zehnte Guru sagte, man solle wunschlos sein. Lord Buddha sagte das gleiche. Wenn das Wasser im Teich unbewegt bleibt, kann man auf der glatten Oberfläche sein Spiegelbild sehen. Aber die “Ich-heit” kann nicht abgeworfen werden, bevor man nicht mit eigenen Augen sieht, daß alles das Wirken einer höheren Macht ist. Solches Erkennen enthüllt uns, daß wir lediglich Puppen in Gottes Hand sind. “Welche Worte auch immer von Gott kommen, werden kundgetan.” Oder auch: “Nanak spricht nur aus, was ihm aufgetragen wurde.” Und da gibt es nur ein Mittel: werde Zuschauer und beobachte, daß der Herr in allem am Werk ist.
Para-Vidya hat die Aufgabe, die Seele mit der Wahrheit (Gott) zu verbinden. “Ego und Verhaftetsein werden durch das Feuer von Shabd aufgezehrt; der Gurmukh gelangt zum ewigen Licht.” Shabd kann nur der Guru vermitteln. Es gibt Ashabd, den (unoffenbarten) wortlosen Gott, aber als Er sich zum Ausdruck brachte, wurde dies Shabd oder Wort genannt. “Durch Shabd kam alle Schöpfung ins Sein, und durch Shabd löst sie sich wieder auf.” Werden, Vergehen und Wiederentstehen geschieht alles durch die Kraft von Shabdo Und was ist Shabd? “Shabd ist die Erde, Shabd ist der Himmel. Aus Shabd wurde Licht, und Shabd schuf die Welten; O Nanak, in jedem Wesen ist Shabd.” Shabd wird auch Naam genannt. Daher heißt es:
“Naam ist der Nektar des Lebens,
der Name (Ausdruck) Gottes,
und es wohnt in diesem Körper.”
Wann kann man es sehen? “Wenn die Sinne unter Kontrolle, die Gemütskräfte zur Ruhe und der Verstand zum Schweigen gebracht wurden — dann erkennt die Seele in kristallener Klarheit.” Es ist die erste Stufe zur Erkenntnis des Herrn. Um Gott erkennen zu können, muß man zuerst sich selbst erkennen, und wenn wir, über den Sinnen stehend, erfahren, wer wir sind, erkennen wir auch, warum es heißt, daß “Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis ein und dasselbe sind.”
Groß ist der Mensch. Wir sind alle Mikro-Götter, aber unglücklicherweise vergaßen wir unser erhabenes Erbe, da wir unter den Beeinflussungen des Gemüts und der Sinne verblieben sind und uns mit dem Körper und der äußeren Welt identifizierten. Es wäre nutzlos, wenn man versuchen würde, sich aus diesem trügerischen Zustand dadurch zu befreien, daß man bei jemandem Hilfe sucht, der selbst im Netz von Illusionen feststeckt. Wir müssen jemanden finden, der frei wurde und der daher das ganze Sein wirklich überblicken kann. “Der Mensch kann nur befreit werden, wenn er herausgezogen wird.” Man denke sich einen schwerbeladenen Esel, der im Schlamm oder Treibsand steckenblieb; mit solcher Last ist es ihm unmöglich, freizukommen. Sein barmherziger Retter wird ihm erst einmal die Last abnehmen und ihn dann herausziehen. Wir sollten nicht vergessen, daß uns jahrtausende alte karmische Lasten beschweren und daß wir, solange diese Last nicht erleichtert und unsere Aufmerksamkeit nach oben gezogen wird, wir die Wahrheit nicht sehen können.
Jeder kann sich selbst einen Heiligen oder Guru nennen. Dem Namen nach ist das sehr einfach. Aber wirklich einer zu sein — schon beim bloßen Gedanken an die ungeheuerliche Verantwortung, die er auf sich nimmt, erbebt die Seele vor Entsetzen! Ihr solltet dem Schöpfer dafür danken, daß Er euch diese menschliche Geburt gab, die es euch erlaubt, Ihn zu erkennen. Nun ist es an euch, Ihn durch das Schweigen des Herzens, durch das Erheben über alle Fähigkeiten zu finden. Und wenn es nun eine wahre Persönlichkeit in der Welt gibt, könnte man sie dann finden?
Christus fragte einmal seine Jünger: “Wer sagen die Leute, daß des Menschen Sohn sei?” Und sie antworteten, daß die einen ihn für Johannes den Täufer, andere für Elias und manche ihn auch für einen der Propheten hielten. Da sagte Jesus: “Wer saget denn ihr, daß ich sei?” Da antwortete Simon Petrus und sprach: “Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!” Es ist also eine Frage, wie weit das innere Auge geöffnet ist. Ein wahrer Mahatma kann dem einen als Atheist und anderen als Gott selbst erscheinen.
Atheisten im wahren Sinne des Wortes sind solche, deren inneres Auge nicht geöffnet ist. Von solchen wurden die Meister seit eh und je verfolgte Seht nur, wie sie Christus eine Dornenkrone aufs Haupt setzten. Guru Nanak wurde es verboten, die Stadt Kasur zu betreten, denn man klagte ihn an, er verwirre die Gemüter der Leute. Paltu Sahib wurde lebendig verbrannt, Guru Arjan wurde gezwungen, sich auf eine rotglühende Eisenplatte zu setzen. Shamas Tabrez, einem Moslem-Heiligen, wurde bei lebendigem Leibe die Haut abgezogen. Mansur al-Hallaj wurde auf den Scheiterhaufen gelegte. Aber wenn diese erhabenen Seelen gehen, beginnen die Menschen die Stätten, an denen sie sich aufhielten, zu verehren. “Zu Lebzeiten wurden die Väter verachtet, nach dem Tode angebetet.”
Es heißt, “die Musik Gottes findet man in der Gemeinschaft des Sadh; das ist das höchste Karma.” Äußere heilige Lieder können allerorts und von jedem Beliebigen gesungen werden, aber die wahre göttliche Musik erklingt nur in der Gemeinschaft eines Heiligen, “Wer sich über die fünf Elemente erhebt, kommt in Verbindung mit dem fünftönigen Wort.” Von allem Karma, das auf unseren Namen gebucht ist, ist dies der höchste Lohn. “Nanak sagt, man verdient solchen Lohn als Ergebnis vergangener Leben.” Wenn sich Gottes Barmherzigkeit ergießt, wird uns eine unschätzbare Gabe zuteil.
Nun will ich eine Hymne vortragen, hört aufmerksam zu und versucht sie zu verstehen. Als Arjuna die ganze Bhagavad Gita enthüllt war, fragte ihn Lord Krishna: “Hast du gut zugehört? Wenn ja, wieviel hast du wirklich verstanden?” Und dabei genügt auch volles Verstehen noch nicht, man muß als nächstes an die Verwirklichung gehen. Einer, der wirklich erkennt, ist ein Satguru oder Satpurush — das fleischgewordene Wort, von dem Johannes sprach. Christus selbst sagte:
“Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut,
der hat das ewige Leben.”
— Johannes 6:53
Die Menschen haben die wahre Bedeutung dieser Worte vergessen: daß
“das Wort Fleisch geworden war und unter uns wohnte.”
— Johannes 1:14
Er war das Brot und Wasser des Lebens. Ihr Lieben, die ihr aus fernen Ländern kommt — mein Herz ist voller Liebe für euch. Wir kamen hierher, um die Wahrheit zu erfahren, und was mir zukommt, spreche ich aus. Die Gotteskraft oder Christuskraft, unter deren Schutz ihr steht, ist in euch und wird euch niemals verlassen, sie bleibt in alle Ewigkeit.
Dienst für einen Satguru ist das höchste Schicksal;
Ihr seid beständig mit der Wahrheit in Verbindung.
Dies ist eine Hymne von Guru Amar Das Ji und besagt, daß es kein größeres Glück geben kann als die Gelegenheit, einem Satguru dienen zu können. Was ist ein Satguru?
“Wer den Satpurush kennt, ist ein Satguru.
Seine Gemeinschaft bringt Erlösung.
O Nanak, singe das Lob Gottes.”
Die Gemeinschaft mit dem, der den Herrn selbst erkannte, bringt endgültige Befreiung.
“Inneres Wissen bei voller Bewußtheit erlangt,
wer den Satguru sieht und die Initiation von ihm nimmt.”
Was heißt Initiation? Es bedeudet, daß im ganzen Umfang offenbar wird, was verborgen ist. “Der Satguru ist eine Verkörperung der Wahrheit.” Er hat seine Seele von Gemüt und Sinnen befreit und wurde zum Sprachrohr Gottes. Einer, der selbst schlaft, kann den anderen nicht wecken. Alle schlafen auf der Ebene des Gemüts und der Sinne. Alle sind in Illusionen verstrickt und brauchen die Hilfe von einem, der frei ist. Wie viele von uns denken an Gott ausschließlich um Seiner selbst willen? Wir wollen doch von Ihm nur die Erfüllung unserer weltlichen Vorhaben oder Glück nach dem Tode. Er lebt in jedem Wesen, und wenn er sieht, daß ein Kind ohne Ihn nicht leben kann, dann führt Er es mit einem Satguru zusammen, da Er in ihm sich selbst zeigt. Das Herz muß ohne Falschheit sein — man sollte den echten Wunsch zu dienen und aufrichtige Demut haben — “dann wird der Guru selbst kommen und uns treffen.” Der Guru erscheint, wenn der Schüler bereit ist, und besonders vom Glück bevorzugt sind solche, die Gott im Innern noch während des irdischen Daseins erleben konnten.
Was bedeutet es dem Satguru dienen? Ein bloßes Lippenbekenntnis abzulegen und “Rara, Ram” hersagen oder mit der Stirn die Füße des Meisters zu berühren, das alles ist kein Dienst. Es ist der reine Hohn. Denn könnte derjenige sich je versündigen, für den der Guru die allgegenwärtige Kraft Gottes im eigenen Innern ist, der ihr tagtäglich in ehrfürchtiger Scheu begegnet, und der weiß, daß diese Macht all sein Denken und Tun auf Schritt und Tritt verfolgt? Er wird die Worte des Satgurus aus tiefstem Herzen respektieren — “Des Satgurus Worte, die Worte sind der Satguru.” Ein solcher Dienst wird Befreiung bringen.
Christus sagt:
“Wenn ihr mich liebt, haltet meine Gebote.”
Johannes 14:15
Der Satguru will, daß wir unser Leben gut und rein machen. Wir sollten nie andere bis aufs Blut aussaugen noch sie um das bringen, was ihnen zusteht. Der Mensch sollte den Menschen behilflich sein. Streng genommen ist der ein wirklicher Mensch, dessen Leben ein Dienst für andere ist. Wenn ihr Gott liebt, ist Gott denn nicht überall? Wir sind alle Brüder und Schwestern in Gott. Wie könnt ihr behaupten, den Meister zu lieben, und. dabei euren Bruder hassen? Die Lösung vieler Probleme dieser Welt ist ein freundliches, bescheiden vorgebrachtes Wort. Den wirklichen Segen der Gemeinschaft eines Satgurus werdet ihr nie bekommen, wenn ihr ihm nur folgt, nicht aber diente.
“Wenn ihr dem Satguru hundertprozentig gehorcht,
dann werdet ihr erkennen, was Gott ist.”
Gott ist Mensch minus Wunsch. Mensch ist Gott plus Wunsch. Könnten wir wunschlos werden, indem wir das Herz zum Schweigen bringen, dann würde sich dieses Schweigen in Liebe verwandeln. Und dieses Schweigen würde tönen. Viele sind begünstigt, mit einem Meister zusammenzukommen, aber sie dienen ihm halbherzig, mit nur 5, 10 oder 20% Aufrichtigkeit. Kaum werdet ihr jemanden finden, der hundertprozentig dient. Erst nach 70 Jahren rastlosen Suchens wurde Guru Amar Das die unschätzbare Gabe zu Füßen von Guru Angad zuteil, der ihm den Schleier der Täuschung von den Augen nahm und ihm die Wahrheit enthüllte. “Erkenne den als die Wahrheit, der wahr ist.”
Der Herr ist immer gegenwärtig. Wahrheit, Naam und Shabd sind alle dasselbe, aber man kann sagen, es gibt zwei Aspekte: Naam ist die Wahrheit selbst und Naam ist auch der Name, mit dem wir Ihn anrufen. Ungeachtet der vielen Namen, die man Ihm gab, ist Er doch nur Einer. ”O mein Herz, wiederhole nur einen Namen.” Naam ist die einzige Kraft, denn Gott ist in Wirklichkeit namenlos, doch als Er zum Ausdruck kam, wurde dieser Ausdruck Naam oder Name genannt. “Durch Naam werden Khand und Brahmand kontrolliert.” Aber uns wird Naam ohne die spirituelle Operation, die der Satguru vornimmt, gar nicht bewußt.
Naam kontrolliert nicht nur jede Seele in jeder Verkörperung, sondern die ganze Weite der gesamten Schöpfung. Es ist als Naam bekannt, aber auch als Shabd, Wort, Kalma, Sarosha, Nad und mit anderen Begriffen, aber dessen ungeachtet bleibt es dieselbe Kraft. Er ist der wahre Name (Sat Naam), dem all die Bezeichnungen gegeben wurden. Ein in Gott Verwirklichter kann uns mit diesem wahren Namen wieder vereinen, und dann können wir 24 Stunden am Tag mit der Gotteskraft leben. “Oh, daß mich jemand wieder mit Ihm vereine.”
Als er endlich zu Füßen seines Gurus saß, sagte Guru Amar Das:
“Ich wurde sehr müde beim Ernten dieser Karmas,
aber dann kam der Satguru ganz ohne mein Zutun.”
Wenn wir zu einem Satguru kommen, sollten wir ihm nach besten Kräften dienen — etwas tun um dieser seltenen Gabe willen, die er uns gibt. Er bringt uns Nahrung für unsere Seele, aber wir essen sie nicht. Was wollen wir dann mit dieser kostbaren Gabe? Hocherfreut nehmen wir sie in Empfang, aber was fangen wir nun damit an?
Der Geber ewiger Glückseligkeit lebt in uns;
und darin liegt das wahre Wort.
Gott lebt in jedem Wesen. Es ist der wahre Ton, der wahre Name — das einzige Wort, das je gesprochen wurde. Jene, die eins mit ihm sind, fließen über durch die Berauschung; so wie die Blumen im Frühling blühen, bricht strahlend für jeden ein neues Leben an, der mit Naam in Verbindung kommt. “Wer den Satguru trifft, verliert sein Herz.” Wer die Medizin einnimmt, die er verschreibt, dessen Leben wird zu voller Blüte kommen, es wird Liebe und Frieden sein.
Seine Gnade führt dich zum Guru,
und der Name des Herrn durchdringt dein Sein.
Am Ende seines langen Suchens gab Guru Amar Das seinen Gefühlen Ausdruck, wenn er sagte, “O vergeßliches Herz, warum so besorgt?” Nach so vielen Jahren des Wartens sollte man sie nicht bereuen, sondern von Dank erfüllt sein, daß man nicht mehr weiter suchen muß. Die Welt ist voller Gurus — hebe einen Stein auf und mit größter Wahrscheinlichkeit findest du dort einen Guru; jedoch dürfen wir nie vergessen, daß den wahren Guru nur der erblickt, den der Segen und die Gnade des Herrn begleiten.
Shabd erfüllt das Herz mit Wonne, wenn der Name Gottes,
dieser ewige Quell des Friedens, in uns lebt.
Einzig der Geschmack der höheren Verbindung kann das Gemüt wirklich auf Dauer zufriedenstellen, und es wird minderen weltlichen Genüssen abgeneigt sein. — “O mein Freund (Gemüt), meide den Geschmack dieser großen, weiten Arena niederer Sehnsüchte. Trinke den Nektar von Naam.” Es ist wahrlich das Brot des Lebens — “Hast du nie davon getrunken, so ist dein Leben vergeudet und des Glückes beraubt.” Und wie findet man diesen Nektar? „Stolz, Macht, Verstandeskraft nutzen dabei nichts. Diene allein dem Sadh.” Man kann sie nicht bestellen, kaufen oder erzwingen; man findet sie nur im wirklichen Dienst für den Meister, dem in Menschengestalt offenbarten Gott dem inkarnierten Wort.
Wenn Er gnädig ist, wird Er die Begegnung herbeiführen;
Ego und Bindungen werden im Feuer verzehrt.
Im Gurbani heißt es: “Des Gurus Freude gleicht einem ewigen Frühling.” Teilt er seine Gaben aus, so ist es, als umwehe ein ewiger Frühlingswind die sehnsüchtige Seele, die sich nun an der spirituellen Nahrung ergötzt. Es gibt zweierlei Arten der Verehrung: Jene auf der Sinnesebene und die des Gurmukh.
“Nehmt den Namen des Herrn durch das Wort des Gurus.”
Es ist der Guru, der die Ichheit vertreibt, nicht der Name des Herrn. “In der liebevollen Verehrung des Gurmukh ist der Ton leicht zu vernehmen.” Bevor nicht völlige Ruhe herrscht, können wir uns in nichts wirklich versenken; und dazu brauchen wir Naam. “Im Herzen erstrahlt das Licht, wenn wir darin vertieft sind.” Dieses Licht, das bereits in uns ist, wird dann in blendender Pracht aufleuchten. Und worin sollen wir uns versenken? “In die Berauschung von Gottes Naam, durch die Lehre des Gurus.”
Dieses Naam wird uns zu Gott zurückbringen, Licht und Ton sind der Weg zurück zu Gott. Man hat das Mystik und auch Surat Shabd Yoga genannt, aber es ist eine ganz natürliche Praxis, der ein kleines Kind ebenso wie ein ehrwürdiger Erwachsener folgen kann. Andere Übungen sind für dieses Zeitalter zu zeitraubend. Der Yoga den Patanjali lehrte verlangt beispielsweise, daß man sechs Zentren, eines nach dem anderen, überschreitet, bevor mene den Ton erreichen kann.
Es ist wirklich ein wunderbares Zugeständnis, das Gott diesem Zeitalter machte, als Er den Zugang zum spirituellen Pfad jedem öffnete, gleichgültig, in welchem Alter er steht. Früher mußte einer viele Jahre zu Füßen eines Meisters verbringen, bevor er irgend etwas erhielt — wer kann das heute noch durchhalten? Heute muß der Guru zuerst etwas geben, und dann lernt der Schüler, sein Leben zu reinigen. Ihr werdet selbst beobachten können, daß je mehr das Kali-Yuga (eiserne Zeitalter) zunimmt, der Guru desto mehr Gnade walten läßt — um jede Seele zu retten.
Wer von einer Farbe ist, erfreut sich ewiger Freiheit;
er hat mit niemandem Kampf.
Er hat rechtes Verstehen, er ist sich der Einheit allen Lebens bewußt. Vom Wandel der Dinge bleibt er unberührt, während auf der Oberfläche des Lebensmeeres die Wellen kommen und gehen. Er arbeitet ohne Unterlaß und unermüdlich in diesem Bereich und steht doch über den Wirkungen des Tuns. Die Worte “neh-karma” bedeuten Tun im Nichttun (also ohne zum Handelnden zu werden), daher kann einer, der den tatsächlichen Sachverhalt nicht sieht, nicht neh-karma werden. Nur wer in allem Wirken den Herrn erkennt, kann diesen Zustand erreichen. “Wer sich mit Shabd verbindet, ist neh-karma.” Ganz gleich,wie sehr wir nach außen auch betonen mögen, daß wir nicht der Handelnde sind, ist doch immer innerlich etwas, das uns sagt, daß wir es doch sind.
Ohne dem Satguru zu dienen ist alles in tiefem Dunkel;
und ohne Shabd kann es keiner durchqueren.
Was immer man tut, die Dunkelheit wird bleiben, nur in Shabd ist Licht, nur in Shabd ist der Ton. Wie soll einer, der nicht damit verbunden ist, sehen und hören? Nur wenn man einen Satguru findet und seinen Segen empfängt kann diese Dunkelheit verschwinden. Solange die Seele nicht zum Herrn zurückfindet, muß sie sich immer wieder auf der Ebene der Handlungen vekörpern.
Shabd wird nur dann wirklich nützen,
Wenn der Mensch wahre Entsagung erlangt.
Wer diesen Rat beherzigt, wird alle Fesseln verlieren; sein Boot wird im Wasser sein, aber das Wasser wird nicht in sein Boot geraten. Er wird in der Welt leben und doch nicht von ihr sein. Er wird sehen, daß die Kraft Gottes, man konnte sagen, die fließende Feder Gottes, unser Schicksal gemäß dem Karma_ niederschreibt: Geburt, Tod, Armut, Reichtum, Krankheit, Gesundheit und so fort. Eine solche Seele wurde gottberauscht. Seine irdischen Angehörigen werden geboren und sterben, aber er empfindet weder Freude noch Trauer. Wer wirklich mit Shabd verbunden ist, vermag solches ohne Anstrengung, er wird wahrhaftig die Wohnstatt aller Tugenden.
Alles Glück und Leid kommt vom Jenseits,
das höhere Leben verleiht nur der Herr selbst.
Leben und Tod werden durch Gottes Gesetz automatisch bestimmt. Man ist zum Beispiel den Gesetzen seiner Heimat unterworfen, und wenn ich Amerika besuche, muß ich mich, solange ich in diesem Land bleibe, den dortigen Gesetzen fügen. Für den Besucher Indiens gilt das gleiche. Das göttliche Gesetz für diejenigen, die auf Erden leben, lautet: Was du säst, mußt du ernten.
Leben und Tod werden durch Gottes Gesetz automatisch bestimmt. Man ist zum Beispiel den Gesetzen seiner Heimat unterworfen, und wenn ich Amerika besuche, muß ich mich, solange ich in diesem Land bleibe, den dortigen Gesetzen fügen. Für den Besucher Indiens gilt das gleiche. Das göttliche Gesetz für diejenigen, die auf Erden leben, lautet: Was du säst, mußt du ernten.
Ist jemand ein Gurmukh, so ist er unbewegt
von den Wechselfällen des Lebens;
ein Manmukh ist unzuverlässig.
Ein Gurmukh ist “jemand der mit dem Guru eins ist.” Und ein Guru? Er ist das fleischgewordene Wort. “Im Guru offenbart sich der Herr, um Shabd zu verteilen.” Er ist nicht von Shabd getrennt, sondern verbindet andere damit. Doch wer Gemüt und Sinnen dient — der Manmukh — wird immer straucheln. Was kann von den Rishis und Munis der Vergangenheit, die vielleicht nur ein oder zweimal stürzten, gesagt werden, wenn wir bei jedem Schritt, den wir tun, stolpern? Wer unter dem Einfluß von Gemüt und Sinnen steht, wird fallen. Man kann es mit der verglimmenden Glut eines Feuers vergleichen — obgleich sie zu verlöschen scheint und mit Asche bedeckt ist, wird sie ein kleiner Luftzug zu neuem Leben entfachen. Aber wenn man Wasser aufs Feuer gießt — was dann? Das ist genau das, was dem Gurmukh passiert.
Guru Arjan schickte einmal einen seiner Schüler aus, um bei einem anderen Schüler in Gujarat, einem indischen Staat nicht weit von Bombay, zu wohnen. (Auch mein Meister schickte mir manchmal jemanden mit den Worten: “Geh, Bruder, bleibe acht bis zehn Tage bei ihm.”) Guru Arjan gab diesem Schüler ein Empfehlungsschreiben, das besagte: “Behalte den Überbringer dieses Briefes einige Tage bei dir.” Als er ankam und den Brief vorzeigte, war sein Gastgeber dabei, eine Totenbahre vorzubereiten, und er fragte ihn: “Wofür ist das?” Der Gastgeber antwortete: “Oh, es wird von Nutzen sein.” Nach einigen Tagen heiratete der Sohn des Gastgebers, aber auf dem Heimweg nach der Feier im Haus der Braut brach er zusammen und starb. Als man den Toten ins Haus brachte, ging der Vater in seinen Arbeitsraum und brachte die Bahre, die er gemacht hatte. Verblüfft fragte der besuchende Schüler: “Wenn du doch wußtest, daß dein Sohn sterben wird, warum erlaubtest du ihm zu heiraten?” Der Gastgeber antwortete: “Es ist das Geben und Nehmen der Karmas.” Der Schüler dachte tief nach und erkannte, daß der Mann, als er die Bahre fertigte, keine Trauer und als sein Sohn heiratete, keine Freude zeigte. Was war er wohl? Er war ein Gurmukh, ein Sprachrohr des Gurus. Der Guru ist das Sprachrohr Gottes; und wer jedes Wort des Gurus genau befolgt, wird mit Sicherheit befreit. Aber einen solchen Guru findet man nur durch großes Schicksal.
Nun spricht er vom Manmukh (Sprachrohr des Gemüts):
Ein Manmukh ist, wer Shabd nicht kennt
und keine Ehrfurcht vor der Größe des Gurus empfindet.
Der Manmukh weiß nichts vom allseienden Gott; aber wenn ihr jemals erfahrt, was ein Guru ist, gibt es nichts mehr für euch zu lernen. Dieses lehrt der Guru mit Liebe und Überzeugungskraft, denn schließlich seid ihr alle seine Kinder! Starrt auch das Kind vor Schmutz, er kann es nicht töten. Solange er unter dem Einfluß des Gemüts bleibt, versteht der Manmukh nur wenig; er gehorcht dem Guru nicht, er lebt nicht zur Freude des Gurus, sondern kümmert sich nur um sein eigenes Wollen. Warum? Nun, er hat wenig oder gar keine Verbindung mit Shabd. Wer Verbindung erhält, sollte sie pflegen und nicht abbrechen. Nur dann werden ihm alle Tugenden mühelos zuteil. Die kostbare Eigenschaft wahrer Demut wird in seinem Herzen wachsen. “Allein auf Shabd. zu hören ist ein Schatz aller Tugenden.”
Wie kann ohne Furcht die unerschrockene
Verwirklichung der Wahrheit kommen?
Sie bleiben dem Herrn des Todes ausgeliefert.
Wir halten nie inne, um zu bedenken, daß der Guru für immer und ewig bei uns ist. Er sieht alles, was wir tun. Wir glauben, daß er nicht weiß, was wir tun, und tun daher, was uns beliebt. Wir lügen ihm sogar ins Gesicht. Wenn wir doch wüßten, wer er wirklich ist. “Der Guru ist die Kraft; der Guru ist Shabd.” Shabd und der Guru sind ganz dasselbe, und doch würdigen wir ihn nicht. Nie wird er sagen: “Ich bin der Guru”, sondern er sagt, daß die Kraft des Herrn in ihm wirkt, und das ist der Guru. Oft treten wir ihm gegenüber und sagen: “Nein, Maharaj, so ist es nicht richtig, das muß anders angefaßt werden.” Ist das ein erbärmlicher Zustand.
Der Herr des Todes kann keinen Schüler anrühren;
Er kann die Nähe von des Gurus Shabd nicht ertragen;
Hört er Shabd, läuft er weg, so weit er kann.
Yam Raj, der Herr des Todes, ist so stark, daß ihm niemand gewachsen ist; aber des Gurus Shabd ist allmächtig, und wer mit dem Guru verbunden ist, genießt einen solchen Schutz, daß er nicht nahekommen kann. Hier wird etwas von der Größe von Shabd erkennbar. Und doch wurde Yam Raj von derselben Kraft Gottes geschaffen. Warum schuf ihn der Herr? Um Seinen Zwecken zu dienen. Indessen konnte beobachtet werden, daß wenn ein Satsangi, der wirklich Verbindung mit Naam hat, in dem Naam sich offenbarte (sichtbar wurde), am Totenbett eines Menschen, auch wenn es kein Initiierter ist, sitzt, der Herr des Todes diese Seele nicht fordert.
Gott ist der Meister von allem;
Armer Yam, was kann er da tun?
Um wen also kümmert sich der Herr des Todes? Um solche, die Böses, und solche, die Gutes tun, denn es ist seine Aufgabe, die Rechtschaffenen zu belohnen und die Bösen zu bestrafen. Aber er achtet und fürchtet solche, die mit Naam in Verbindung sind, obwohl seine Beauftragung durch Gott selbst erfolgte. Er ist wie ein berufener Richter, der erklärt: “In Anbetracht der vorliegenden Tatsachen verkünde ich den Tod durch Hängen.”
Er ist an die Anordnungen gebunden,
er arbeitet und lebt gemäß den Anordnungen.
Er wird weiter strafen und belohnen, bis die Karmas der Menschen auf gute oder schlechte Art zu Ende gehen. Aber wer zum Seher wurde, ist frei von diesem mächtigen Herrn. Ist es somit nicht ein großes Glück, einen Satguru zu finden? Aber unglücklich sind wir zu nennen, wenn wir von ihm die Intiation nehmen und ihm dann nicht gehorchen. Aber selbst dann ist der Segen des Gurus derart, daß ein Kind, gleichgültig wie ungehorsam es ist, nie wieder unter die Herrschaft von Yam Raj kommt. Was für ein Zugeständnis ist das; “Wenn die Seele erkennt, werden die Aufzeichnungen von Dharam Raj (ein anderer Name für den Herrn des Todes) verbrannt.” Die früherem Aufzeichnungen des Menschen werden von der negativen Kraft in die Hände der positiven Kraft, des Gurus, übergeben.
Kabir Sahib sagt:
“O Kabir, mag ich Tausenden von Sündern begegnen,
aber keinem ohne einen Guru.”
Alle sind Sünder, aber die Gemeinschaft mit solchen, die sich des Gurus Segen erfreuen, ist weitaus besser, denn Naam wird die Sünden vernichten. Dies ist ein weiterer Hinweis auf den Segen von Naam. Wir sollten nun beginnen, es zu verdienen, sollten erforschen, wer und was wir sind,und dadurch wird alle Todesfurcht verschwinden. Ein Kind weint, wenn es geboren wird, und es sollte guten Grund haben, sich zu freuen, wenn es stirbt.
Der Gurmukh wird eins mit Shabd,
dem Schöpfer von allem;
alles ist Seine Offenbarung.
Alles ist ein Spiel des Gurus oder Gottes innen wie außen denn der Guru ist Shabd selbst. Als man Guru Nanak fragte, wer sein Guru sei, antwortete er: “Mein Guru ist Shabd, der Schöpfer von allem!”
Nur wenn man ein Gurmukh wird,
erkennt man die Wahrheit;
das ist der Gewinn, der vom Guru kommt.
Wer immer in aller Aufrichtigkeit zu Füßen einer gottverwirklichten Person sitzt, wird in seiner Gemeinschaft verstehen lernen, was Shabd ist und was der wahre Gewinn vom Guru ist.
Der Gurmukh kennt den Herrn allen Karmas.
In allen vier Zeitaltern bekundet er
die Lehre von Shabd.
Der Gurmukh singt zu allen Zeiten ein Loblied auf Shabd. Johannes sagt: “Im Anfang war das Wort.” Die ganze Schöpfung entstand später. Man nehme sich in acht vor denen, die sich selbst als Guru ausgeben, denn ein wahrer Guru sagt das nie von sich; vielmehr sieht er, daß Gott der Handelnde ist. Manchmal mag ein Mensch in Berauschung murmeln: “Ich bin Gott, ich bin Gott”, das ist etwas anderes, aber das Meer und ein Tropfen vom Meer lassen sich nicht vergleichen. Die Sonne und ihr Strahl sind unvergleichbar. Wenn der Strahl erkennt, was er ist, bemächtigt sich seiner tiefe Demut, und er wird bescheiden. Den Herrn derart zu erkennen gleicht einem übervollen Obstbaum, dessen Last die Zweige zur Erde beugt. Er sieht das Wirken einer Kraft; selbst wenn Ziegelsteine nach ihm geworfen werden, wird er seinen Segen geben. Shankara sagte: “Zwischen Dir und mir ist kein Unterschied; aber die Welle gehört zum Meer, das Meer kann nicht zur Welle gehören.”
Ein Gurmukh stirbt nicht,
noch wurde er geboren.
Ein Gurmukh ist eins mit Shabd selbst.
Wie kann einer, der mit Shabd eins ist, geboren werden, und wie denn könnte er sterben? Er kehrt heim zum Vater, um nie mehr zurückzukehren. Und. wenn er doch käme, so nicht als Gefangener, sondern als Arzt, als Führer für die Menschheit.
Ein Gurmukh erklärt das unvergängliche,
immer-seiende Naam.
Er vermittelt rechtes Verstehen; er sieht und dann spricht er. Ohne Sehvermögen gleicht jede Erklärung dem Wissen eines Blinden.
Mit einem Namen (Naam)
umfaßte die Erlösung die vier Zeitalter.
Dieser Name wird Shabd genannt.
Die Naam-Kraft, unter vielen Namen bekannt, ist immer dieselbe Kraft. “O mein Gemüt, sage immer nur diesen einen Namen.” Wenn der Meister die Verbindung herstellt und das innere Auge öffnet, wird das, was außen ist, dasselbe sein, was innen gesehen wird.
Der Gurmukh lebt ununterbrochen
in Frieden und Wonne.
In seinem Herzen wohnt Naam.
Verbindung mit ihm bringt daher ebenfalls inneren Frieden und Gelassenheit. Er ist das Brot und Wasser des Lebens. Er ist gesättigt mit Gottesliebe und wunschlos. Das weltliche Auf und Ab kommt und geht, aber es beunruhigt ihn nicht; er bliebe ganz, auch wenn sein Leib in Stücke ginge. Täglich verläßt er diesen Körper; täglich stirbt er, und der Tod hat keinen Stachel für ihn. Christus ermahnte die Leute, täglich das Kreuz auf sich zu nehmen. Mira Bai sagte: “Mein Geliebter ruht ganz oben auf einem Gerüst, wie soll ich zu ihm gelangen?”
Wie können jene, die sich auf der Sinnesebene befinden, zum Herrn gelangen? Hundert Weise werden das gleiche denken, wie verschieden auch ihre Sprache oder Ausdrucksweise sein mag. Wer das Geheimnis gelöst hat, kann anderen eine Erfahrung geben, und wenn er sie täglich vermehrt, werden sie so weise wie er. Wünschen nicht alle liebenden Väter daß ihre Kinder einmal erfolgreicher sind als sie? Und welches Kind erreicht dies? Dasjenige, das dem Rat des Vaters folgte.
Der Gurmukh wird sich der Wahrheit selbst bewußt;
er bleibt unberührt von Tod, Geburt und Wiedergeburt.
Er lebt auf höherer Ebene, hat das Geben und Nehmen der Kinder beendet, ist voll erwacht und sieht deutlich die wahre Lage dieser trügerischen Welt.
Gurmukh bhakti (die Hingabe eines Gurmukh),
wird am Hof angenommen;
er ist vertieft in den wahren Shabd.
Gott nimmt seine Hingabe an, denn er ist durchdrungen von der Farbe des Herrn. Gott hat sich in ihm offenbart, und er lebt in Gott. Sein Gesichtspunkt unterscheidet ihn von anderen, er hat die Wahrheit selbst erkannt.
Er singt Tag und Nacht und geht ohne Mühe heim.
Ununterbrochen in die Liebe zu Gott versunken, kann er seine wahre Heimat betreten, wann immer es ihm gefallt. Während er auf Erden zum Ruhme Gottes singt, ist er eins mit Ihm, sobald er heimkehrt.
Der wahre Satguru offenbart Shabd;
übe dich tagtäglich in der Hingabe,
und richte deine Aufmerksamkeit auf Ihn.
Der Satguru macht den inneren Ton hörbar, der über den fünf Sinnen liegt. Bhai Gurdas Ji sagte, daß man muß sich über die fünf Elemente erheben muß, wenn man den Ton hören will. Und je höher man steigt, um so mehr wird einem enthüllt. “Nur der, welcher sich hoch genug erhebt, kann Ihn erkennen, der der Höchste ist.”
Wenn du einstimmst in das Lied des Herrn,
wird die Ruhe für immer in dir wirksam sein.
Der Guru Sahib sagte, er fließe vor Freude über, Seinen Namen zu nehmen, Durch Seine Gnade gedeiht alles.
“In beständiger Blüte lebt, auf wem des Gurus Gnade ruhte.”
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Wessen Seele stark ist, der kann viele
zusammengebrochene Fahrzeuge ziehen.
Von der Gesundheit der Seele hängt das Leben
des Gemüts und auch des Körpers ab; und
Medizin gegen alles Übel ist rechtes Verstehen.
Sucht also die Gemeinschaft eines
erwachten Menschen — einem Gurmukh,
sonst gilt:
Wenn ein Blinder den Blinden führt,
fallen beide in die Grube.
— Kirpal Singh (“Wer ist hoch, wer ist niedrig?” SSD 1975-6)