Ansprache am 7. Dezember 1972 in Florida (während Meisters dritter Weltreise).
(Deutsche Übersetzung aus SSD 1996-3)
Audio Talk “The Coming Spiritual Revolution” by Sant Kirpal Singh (1:06:01)
Liebe Brüder und Schwestern,
Die Menschen sehnen sich nach Frieden. Wie können wir ihn erlangen? Er sollte in unseren Herzen beginnen. Wir sollten Frieden verbreiten, wie Guru Nanaks betete:
“Friede sei auf der ganzen Welt, nach Deinem Willen, O Gott.”
Und dafür bedarf es natürlich einer spirituellen Revolution .
Die Welt ist schon im Umbruch, aber diese Revolution sollte von anderer Art sein. Diese Revolution sollte sich nicht auf den Körper beziehen, sondern eine gegen die üblen Neigungen des Gemüts, die uns von Gott fernhalten. Das wird gelingen,wenn wir der Menschheit rechtes Verstehen vermitteln, was zu rechten Gedanken führen wird.
Zuerst kommt das rechte Verstehen;
daraus ergeben sich rechte Gedanken,
die zu rechten Worten führen,
und rechte Worte werden rechte Taten ergeben.
Alles beginnt mit dem rechten Verstehen.
Ihr werdet feststellen, daß rechtes Verstehen als erstes in der Erkenntnis besteht, daß es einen Schöpfer des Universums gibt, die Kraft, welche die ganze Schöpfung überwacht und durchdringt. Diese Welt ist nicht von selbst entstanden. Es gibt einen Schöpfer; und Wissenschaftler sind inzwischen zu dem Schluß gelangt, daß die Schöpfung von einer Kraft regiert wird, die bewußt ist.
Dies ist also das erste: die ganze Welt ist eine Offenbarung Gottes, nicht der Osten, nicht der Westen; die Erde unter uns und der Himmel über uns sind Seine Offenbarung.
Guru Nanak kam nach Mekka. Am Abend legte er sich nieder, die Füße in Richtung Kaaba, des Hauses Gottes. Die Geistlichen dort wiesen ihn zurecht: “Warum liegst du mit den Füßen in Richtung des Gotteshauses?” Höflich sagte er zu ihnen: “Liebe Freunde, ich sehe Gott überall, es gibt keinenOrt, wo Er nicht ist. Wenn ihr meint, daß Gott in irgendeiner Richtung nicht sei, mögt ihr meine Füße dort hinwenden.” Seht ihr? So sagen die Meister, “Alles heilig ist, wo man in Ergebenheit niederkniet.” Dies ist der erste Stufe rechten Verstehens.
Ein großer Moslem-Heiliger sagt: “Die ganze Erde ist gesegnet, weil Gott alles durchdringt. Wenn meine Anhänger Zeit für die Gebete finden, können sie diese an jedem Ort Gott darbringen. Dabei hat es nichts zu sagen, wohin sie ihr Gesicht wenden, weil Gott überall ist.” Der Koran, die Heilige Schrift der Moslems, verkündet ebenfalls: “Gott ist überall.” Es ist von geringer Bedeutung, ob wir unser Gesicht nach Westen oder Osten wenden. Sprecht eure Gebete,wo ihr seid.
So ist dies der erste Stufe rechten Verstehens: Wir leben und sind in Ihm; Er ist in uns, außerhalb von uns, über uns und unter uns. Wir haben unsere Existenz in Ihm wie der Fisch im Wasser. Das ist rechtes Verstehen.
Und weiter: Gott schuf die Menschen mit gleichen Vorrechten, sie wurden alle auf die gleiche Weise geboren, es gibt weder hoch noch niedrig. Allen wurde dasselbe außen gewährt: Augen, Ohren usw., und allen wurde dasselbe innen gewährt: wir werden durch eine höhere Kraft im Körper gehalten, die für alle dieselbe ist. Dies ist also rechtes Verstehen: daß wir im Besitz all dessen sind — Gott wohnt in jedem Herzen — und daß alles heilig ist, wo man in Ergebenheit niederkniet. Alle wurden mit denselben Vorrechten von Gott geboren — es gibt weder hoch noch niedrig, weder Ost noch West. Und dies wird rechte Gedanken mit sich bringen.
Während meiner letzten Reise wurde ein Treffen zwischen Ost und West einberufen. Andere, die Amerika besuchten, nahmen an der Begegnung teil, und ich war auch einer von ihnen. Jeder sagte, wo er herkam. Als ich an der Reihe war, sagte ich zu ihnen:
“Es heißt natürlich, daß
‘der Osten der Osten sei und der Westen der Westen
und daß beide einander nie begegnen würden.’
Aber es gibt weder Ost noch West;
die ganze Schöpfung ist das Haus unseres Vaters.
Alle Länder sind nur die vielen Räume in diesem Haus.
Wir sind es, die diese Dinge aus Mangel
an rechtem Verstehen hervorgebracht haben.”
Nun, das ist das eine. Was wird die Folge sein, wenn ihr dieses Verstehen habt? Euer ganzer Blickwinkel wird sich ändern; ihr werdet sehen, daß wir alle Kinder Gottes, desselben Vaters, sind. Die wahre Vaterschaft Gottes und die Bruderschaft der Menschen wird fest begründet sein. Das verstehe ich also unter spiritueller Revolution — eine Abkehr von der Gottlosigkeit.
Kabir sagt: “Siehe in allen Dingen nur den Einen.”
Guru Arjan erklärt: “Das Sichtbare und das Unsichtbare sind beides Seine Offenbarungen.”
Krishna verkündet: “Wer mich in allen Dingen sieht und alle Dinge in mir, ist meinesgleichen.”
Wenn Meister kommen, ist also ihre erste Botschaft: “Es gibt Gott.” Sie sagen: “Wir haben Gott gesehen.” Mit welchen Augen? — Das Auge, das Gott sieht, hat jeder in sich, und es ist anders als die Augen aus Fleisch und Blut. Es wird drittes Auge, Einzelauge, verborgenes Auge genannt. Die ganze Welt, so sagen sie, ist Seine Offenbarung, und Er wohnt in jedem Herzen. Darum sind die physischen Körper, die wir haben, die wahren Tempel Gottes.
Das meine ich mit rechtem Verstehen.
Wenn dies also der Menschheit bekanntgemacht wird,
werden aus dieses rechte Verstehen dann
rechte Gedanken hervorkommen, und diese wiederum
führen zu rechten Worten und rechten Taten.
Obwohl wir die unterschiedliche Kennzeichen der Religionen tragen, sind wir dennoch alle eins. Diese Kennzeichen zeigen nur, daß wir uns einer bestimmten Schule angeschlossen haben, um diese Einheit zu verwirklichen.
Das höchste Ziel aller Religionen ist, Gott zu erkennen.
Und um Gott zu erkennen, müssen wir uns zuerst
selbst erkennen, da Gott nicht durch die Sinnesorgane,
das Gemüt oder den Verstand erkannt werden kann.
Nur die Seele kann die Überseele erkennen.
Gleiches kann Gleiches erkennen. Es gibt nur einen Gott, obwohl es verschiedene Arten der Verehrung geben mag. Doch letztlich ist der Weg, der innere Weg, für alle derselbe.
Rajab, ein Moslem-Heiliger, sagt uns:
“Der Bogenschützen mögen viele sein,
aber das Ziel ist dasselbe.”
Und das Reich Gottes kann auf Erden kommen. Friede wird in der Welt sein, wenn ein spiritueller Meister da ist, der uns den inneren Weg demonstrieren kann — welcher uns wahren Frieden und rechtes Verstehen geben kann.
Kein Politiker war je in der Lage, der Welt Frieden, Harmonie und Zusammenarbeit zu bringen. Doch wenn sie ihre Arbeit in Harmonie und Zusammenarbeit mit den spirituellen Meistern ausüben würden, wäre der Friede schnell zu verwirklichen.
Wenn Meister kommen, sind sie sich Gottes von Anfang an bewußt; schon in der Kindheit sind sie sich Seiner bewußt. Guru Nanak wurde in die Schule geschickt, um auch eine Ausbildung zu haben, und der Lehrer begann ihm beizubringen: “Eins, zwei —” Der Lehrer fuhr fort, doch Guru Nanak sagte: “Warten Sie, halten Sie ein, warten Sie — was meinen Sie mit eins?” Er war ein Kind von vier oder fünf Jahren! Und Nanak sagte: “Dieses eins bedeutet, daß es nur einen Gott gibt.” Ihr seht, er war bewußt. Dann sagte er:
“Was ist Er, wenn Er diese ganze Schöpfung hervorgebracht hat?
Er ist ewig; der Schöpfer aller Dinge; die kontrollierende Kraft;
Er hat nicht Seinesgleichen, ist niemandes Feind, fürchtet niemanden;
Er ist aus sich, selbst entstanden — niemand ist Sein Schöpfer.”
Dann fragte ihn der Lehrer: “Was ist das? Wie kann man es erlangen?” Er antwortete:
“Durch die Gnade eines Meisters; es ist die Gnade eines Meisters.”
Weiter erklärte er:
„Wenn ich sage, ‘Gott ist eins’, meine ich nicht, daß er ‘einer’ ist.
Ich meine, daß dieses ‘eins’ für etwas anderes steht,
das mit ‘eins’ ausgedrückt wird.
Doch Er ist weder ‘einer’ noch ‘zwei’.
Er ist etwas , das man erfahren kann.
Wir können mit Ihm vereint werden, in Ihm aufgehen.
Diese Erfahrung kann ein Meister geben,
und er ist es, der eine Erkenntnis dessen gibt,
wofür die Zahl ‘eins’ steht.“
Und wie? Er gab zur Antwort:
“Verbrennt all eure äußeren Bindungen;
lasst sie brennen, und aus ihrer Asche macht Tinte,
und mit eurem bewußten Selbst
schreibt unentwegt Loblieder zu Ehren Gottes.”
Solange wir außen gebunden sind, können wir uns nicht selbst erkennen; wenn wir uns mit unserem bewußten Selbst erkennen, können wir sehen, was Er ist.
Kabir erklärt:
Wenn ich “eins” sage, erhebt sich die Frage nach der “zwei”;
und das hieße soviel wie Seiner spotten.
Gott ist weder einer noch zwei;
Er ist etwas, das durch das Wort “eins” zum Ausdruck gebracht wird.
So ist Er — in sich — etwas, das man erkennen, aber nicht in Worten ausdrücken kann.
Guru Arjan nennt einen Grund dafür, daß wir Ihn den “Einen” nennen. Er sagt:
“Wir sind begrenzt, o Gott, Du bist unbegrenzt;
weil wir begrenzt sind, können wir nur
mit unserem begrenzten Maßstab messen.”
Ist es nicht so? Der absolute Gott kann also von niemandem gesehen werden, und niemand hat Ihn bisher gesehen — den absoluten Gott, namenlosen Gott, wortlosen Gott, der sich nicht zum Ausdruck brachte. Die Kraft, die sich zum Ausdruck brachte, wird “Wort” und wird “Naam” genannt. Der äußere Ausdruck dieser Kraft ist Licht und Ton, und dieses Licht kann man sehen, und diese Stimme kann man hören. Darum heißt es in der Bibel:
“Dein Wort ist meines Fußes Leuchte, und ein Licht auf meinem Wege.”
— Psalm 119:105
Jeder hat in sich, im Körper, eine “geheime Kammer”, ein verborgenes Gemach. Diese liegt höher als Herz und Verstand. Es stattet den Geist mit einem gewissen Verstehen und das Herz mit Empfindungen der Liebe aus. Dieses Gemach ist das Reich Gottes in uns. Es ist das Kronjuwel, die Perle von unvergleichlichem Wert. Wenn wir mit den Heiligen in Verbindung kommen, öffnen sie diese Kammer, indem sie unsere ganze Aufmerksamkeit von außen zurückziehen. Der Prüfstein für einen wahren Meister ist die Tatsache, daß sich in seiner Gemeinschaft ein sehr kleines Reich in uns auftut und so das Licht, das göttliche Licht, die Erscheinungsform der sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft, sichtbar wird.
Christus sagte:
“Wenn dein Auge einfältig ist, wird dein ganzer Leib licht sein.”
— Matthew 6:22
Der Prophet Mohammed verkündete:
“Wo findet man das Licht Allahs? In den Tempeln der menschlichen Form.”
Warum zitiere ich diese Dinge?
Weil die Heiligen und Meister, die von Zeit zu Zeit kamen, rechtes Verstehen vermittelten.
Krishna sagte:
“Ich will euch göttliches Licht geben, und ihrwerdet meine Glorie im Innern schauen.”
Buddha lehrte dasselbe:
“Jeder Mensch ist im Besitz des hellen Spiegels der Erleuchtung.”
Dies erkannten alle Buddhas. Ferner verkündete Buddha:
“Der Weg der Erleuchtung (der innere Weg hinter den Augen)
gleicht dem Aufblühen der Schneeglöckchen.”
Und dann kam Christus, und es war, als wenn einige Krokusse ihre Herzen dem Winterhimmel öffneten. Doch nun ist die Zeit gekommen, in der wir eine neue Geburt erlangen können. Davon sprach Christus, wenn er sagte,
“Die Armen im Geiste werden das Reich Gottes erben.”
— Matthäus 5:3
Jetzt ist der Frühling für uns gekommen. Er wird, so möchte ich sagen, den Wohlgeruch weiterer Heiliger mit sich bringen, die kommen werden, um uns durch die Gnade Gottes eine Verbindung mit der sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft zu geben.
Und dies ist die Revolution, die spirituelle Revolution,
welche naht — ein Erwachen allenthalben.
Warum kommen so viele Menschen? In der Vergangenheit wurden diese Dinge den Schülern nach einer langen Probezeit “in das Ohr gesagt”. Heutzutage wird es öffentlich verkündet. Die Menschen erhalten es ohne Unterschied. Ob sie dafür aufnahmebereit sind oder nicht, sie erhalten etwas. Das ist notwendig — die Zeiten haben sich geändert.
Und die Meister kommen von Zeit zu Zeit, um diese Dinge für andere, die als Mensch geboren wurden, erfahrbar zu machen, denn nur im Menschlichen Körper können wir Gott erkennen, in keinem anderen.
So wird der absolute Gott der Wortlose oder Namenlose genannt. Als Er (der Eine) vieles werden wollte, offenbarte Er sich, und aus dieser Offenbarung gingen Vibrationen hervor, die zweierlei bewirken: Licht und Ton. Diese erste Offenbarung Gottes wird “Wort” oder “Name” (Naam) genannt und ist die Ursache alles Geschaffenen. Er hat die ganze Schöpfung hervorgebracht, überwacht sie und ist in ihr allgegenwärtig. Deshalb heißt es in der Bibel:
“Am Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort;
Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht,
und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.”
— Johannes 1:1-3
Die Veden verkünden dasselbe:
“Am Anfang war Prajapati.
Mit Ihm war das Wort,
und das Wort war wahrhaftig der höchste Brahma.”
Sie gebrauchen das Wort “Prajapati” für Gott, ansonsten sind es genau dieselben Worte.
In ähnlicher Weise verkünden uns Guru Nanak und alle anderen Heiligen, daß Naam der Schöpfer des ganzen Universums ist.
Dieser Kraft haben die Meister und andere Millionen von Namen gegeben. Einige nennen sie “Soami”, was “Herr” bedeutet, andere “Agam”, das Unbegreifliche oder Unbeschreibliche; “Sat Purush” bedeutet “ewig”. Es gibt viele andere Namen oder Attribute, welche den Namen dieser Kraft ausdrücken sollen. Der Unterschied besteht darin, daß die ersteren lediglich Wörter sind, welche die Kraft bezeichnen, die die Ursache der ganzen Schöpfung ist und deren äußere Ausdrucksformen Licht und Ton sind. Die Meister unterscheiden und erklären also die Zusammenhänge ganz genau.
Guru Teg Bahadur, der neunte Guru der Sikhs, fragte:
“Was ist dieses Naam, das zum Nirvana führt,
wenn man seiner gedenkt?”
Wiederum sagt er:
“Was ist dieses Naam, dessen Wiederholung den Menschen befähigt,
die Gedankenwelt zu überqueren?”
Nun, dieses Naam ist die sich zum Ausdruck bringende Gotteskraft, deren äußere Ausdrucksformen Licht und Ton sind. Zur Bezeichnung dieser Kraft haben sich die Heiligen zahlloser Namen bedient.
Dies ist also die zum Ausdruck kommende Gotteskraft, mit der man sich nur im Menschenkörper verbinden kann.
Guru Arjan sagt:
“Eine Verbindung mit Naam macht einen selbstleuchtend —
mit einer Leuchtkraft, die Millionen von Sonnen gleicht.”
Ich führe das nur an, um zu zeigen, was die Meister wirklich meinten.Wir sagen “Ram” — Ram bedeutet “allesdurchdringend”. Das Wort Ram beschreibt also was allesdurchdringend ist; Aber das, was durchdringt, ist etwas anderes als das Wort zu seiner Bezeichnung.
Diese Wörter werden also gebraucht, um die Kraft zu benennen, welche die Ursache der ganzen Schöpfung ist und die man sehen kann — nicht mit den Augen aus Fleisch und Blut, sondern mit dem dritten Auge oder Einzelauge, das ein Meister öffnet.
So these words are used to express that Power which is the cause of all creation, which can be seen; not with the eyes of flesh and blood, but through the Third Eye or Single Eye which is opened by the Master.
Mit der Gnade Gottes betet ein wahrer Initiierter: “O Gott, offenbare das göttliche Licht von Naam in mir.” Es ist schon da.
“So schaue darauf, daß nicht das Licht in dir Finsternis sei.”
— Lukas 11:35
Alle Meister haben so gesprochen. Kabir sagt:
“Es gibt unzählige Namen in der Welt, unzählige;
aber keiner von ihnen kann die Erlösung gewähren.”
Unzählige Namen werden Gott gegeben, aber nicht einer von ihnen gewährt die Erlösung.
Und welches ist der einzigartige Name (Naam), durch den man erlöst wird? Der ursprüngliche Name ist ein verborgener; nur eine seltene Seele kann ihn erkennen und erfassen. Es ist die Kraft, welche die ganze Schöpfung durchdringt und deren äußerer Ausdruck Licht und Ton sind, die man durch das innere Auge sehen und durch das innere Ohr hören kann. Sie befindet sich in jedem Menschen. Dies können wir durch die Gnade des Meisters bezeugen, der uns diese neue Welt im Innern erschließen kann.
Nehmt ein Beispiel, um die Sache zu verstehen.
Wasser ist etwas Flüssiges, das in verschiedenen Sprachen verschieden bezeichnet wird. Im Englischen sagen wir “water”, im Lateinischen “aqua”, in Hindi “jal” oder “nir”, auf Persisch “aab”, in Urdu wird es “pani” genannt. Dies sind die Wörter, welche dieses flüssige Etwas bezeichnen, mit dem man seinen Durst löschen kann, wenn man es trinkt, nicht indem man einen dieser Namen wiederholt, die für die Flüssigkeit stehen.
So wird die zum Ausdruck kommende Gotteskraft Wort, Naam, Kalma genannt. Sie ist der Schöpfer alles Geschaffenen und hat zwei Aspekte: Licht und Ton. Und wenn Meister kommen, verbinden sie uns mit dieser Kraft in uns. Sie öffnen unser inneres Auge, indem sie uns bis zu einem gewissen Ausmaß über den physischen Körper und die nach außen gehenden Kräfte erheben; wir beginnen zu sehen.
Darum heißt es, daß “die Hingabe an Naam die einzige wahre Anbetung ist”. Gott ist Geist; wir können ihn nur im Geist anbeten. Guru Amar Das sagt:
“Jeder betet an, aber nur auf der Sinnesebene;
so bringt es für die Erlösung keinen Ertrag.
Aber ein Aufgehen in Naam reinigt das Gemüt
und bringt reiche Frucht.”
Versteht ihr das? Wörter sind Wörter; aber was diese Wörter bezeichnen, ist etwas anderes. Es ist die kontrollierende Kraft der ganzen Schöpfung, die sie durchdringt und die auch uns im Körper überwacht.
Somit ist der Körper der wahre Tempel Gottes, den wir und ebenso diese Kraft bewohnt, die uns im Körper hält.
“Durch das Wort des Herrn wurden die Himmel geschaffen
und all die himmlischen Heerscharen…
Denn wie er spricht, so geschieht’s;
wie er gebietet, so stehet’s da.”
— Sprüche 33:6,9
So heißt es in unseren Schriften. Versteht ihr nun, was mit “Naam” oder dem “Wort” oder Gott gemeint ist?
Christus sagte:
“Der Mensch lebt nicht vom Brot allein,
sondern von einem jeden Wort,
das aus dem Mund Gottes geht.”
— Matthäus 4:4
Die Meister sagen also ganz bestimmt, daß es Gott gibt, daß Er die ganze Schöpfung hervorgebracht hat und sie durchdringt. Weiter sagen sie, daß diese Welt nicht von selbst entstanden ist, sondern von einer Kraft geschaffen wurde, die bewußt ist. So sagen es uns die Meister. Daraus folgt, daß all dies eine Offenbarung Gottes ist, da Er der Schöpfer ist. Vor Ihm war nichts. All dies entstand nach Ihm und ist somit Seine Offenbarung.
Nun erhebt sich die Frage: Warum können wir Ihn nicht sehen?
Wenn die Meister sagen, daß sie Ihn sehen, warum können dann wir Ihn nicht sehen? Ihre Antwort ist: Weil Er das Allersubtilste ist: “Alakh, Agam.” (unergründlich, unbeschreiblich) Versucht es mit Hilfe eines Beispiels zu verstehen. Die Luft scheint gänzlich leer zu sein — nichts ist da. Aber was geschieht, wenn man sie durch ein Mikroskop betrachtet? Was ihr seht, ist 700mal vergrößert, und ihr werdet feststellen, daß die Atmosphäre voller Mikroben ist. Wenn also unser Auge so fein ist wie Seines oder Er so grobstofflich wird, wie wir es sind, werden wir imstande sein, Ihn zu sehen.
So sagen die Heiligen:
“Nun, es ist seltsam: Obwohl Gott mit uns im Körper ist, sehen wir Ihn nicht.”
“O Tulsi, ein jeder ist stockblind — Schande über ein lebloses Leben wie dieses.”
Sie sehen, daß das Licht in jedem ist.
“So schaue darauf, daß das Licht in dir nicht Finsternis sei.”
— Lukas 11:35
Die Meister kommen also, “um die Menschen, die nicht sehen, sehend zu machen.” Aber man kann es nicht sehen, wenn es nicht schon da ist.
Kabir erklärt:
“Die ganze Welt tappt im dunkeln.
Ginge es nur um einen oder zwei, könnte man sie zurechtrücken.”
Doch er fährt fort: “Wohin immer ich schaue, sehe ich, daß alle blind sind” — “blind” in der Terminologie der Spiritualität.
Guru Nanak sagte:
“Für die Erleuchteten sind alle blind.”
Wenn es einen Menschen gibt, der Ihn (Gott) sieht, und andere, die Ihn nicht sehen, so sind diese natürlich spirituell blind. Wenn ihr zu einem Meister kommt, macht er euch sehend. In der Terminologie der Heiligen sind mit dem Wort “blind” also nicht die gemeint, welche keine Augen im Kopf haben, sondern die, deren inneres Auge nicht geöffnet ist. Die Augen des Fleisches sehen Ihn nicht, aber der Meister erleuchtet das Auge im Innern. Ein würdiger Schüler beginnt in sich die Kraft und Glorie Gottes zu bezeugen. Wenn der Meister kommt, öffnet er das innere Auge.
Warum können wir nicht sehen?
Wiederum würde ich sagen: Eingehüllt in Dunkel, suchen wir nach Gott in Taten, die nicht weniger dunkel sind; “denn ohne einen vollendeten Menschen hat niemand den Weg gefunden”, noch wird es je einer können. Wie ich anderntags sagte, brauchen wir jemanden, der uns auf den äußeren Wegen führt — auf der Ebene der nach außen gehenden Kräfte, des Gemüts oder Intellekts. Und dieser Weg ist dort, wo alle Philosophien enden und die wahre Religion beginnt. So wird jemand benötigt, der euch ins Jenseits geleitet, der euch über das Körperbewußtsein erhebt, eure Aufmerksamkeit von außen zurückzieht und euer Einzelauge öffnet, damit ihr das Licht Gottes seht. Hier ist eine solche Person notwendig; und auch dort (im Jenseits) brauchen ihr Ihn, um euch weiter zu führen.
Ehe man nicht einem vollendeten Meister begegnet ist, kann man nicht sehen. Wenn man zuden Füßen eines Meisters kommt, beginnt man zu sehen. Bevor wir nicht zu ihm kommen, sind wir — in der Terminologie der Heiligen — tot. Gewährt er uns eine Meditationssitzung, werden wir lebendig. Wenn wir zu ihm kommen, sind wir taub, spirituell taub. Wenn er uns eine Meditation gewährt, beginnen wir den Ton zu hören, die Stimme Gottes.
Jesus sagte:
“Viele Propheten und Gerechte haben begehrt, zu sehen, was ihr seht,
und haben’s nicht gesehen,
und zu hören, was ihr hört, und haben’s nicht gehört.”
— Matthäus 13:17
Seid ihr nicht äußerst begünstigt, daß ihr einen lebenden Meister habt?
Der Körper ist also “wahrlich der Tempel Gottes, und der Heilige Geist wohnt darin.” (1. Korinther 3:16 und 6:19)
Emerson sagt: “Klopft innen an.”
Präsident Truman wies darauf hin, daß er sich in das “Schützenloch des Kopfes” begebe, wenn er von seinen äußeren Handlungen und Pflichten ermüdet war.
Die Veden nennen es “Brahmrendra”.
Wahrnehmung, Intuition und Schlußfolgerungen helfen nur bis zu einem gewissen Grad, die Wirklichkeit zu verstehen — nicht darüber hinaus. Ihr versteht all dies auf der Ebene des Intellekts, doch Sehen ist Glauben. Mit dem eigenen Auge — dem inneren Auge — zu sehen gewährt uns einen inneren Zugang, von dem wir wenig oder gar nichts wissen. Das ist eine Gabe der Meister.
Nanak sagt:
“Die Blinden kennen die Tür nicht”,
Und Christus bezieht sich mit den Worten darauf:
“Klopfet an, so wird euch aufgetan.”
— Matthäus 7:7, Lukas 11:9
Und:
“Wenn jemand meine Stimme hört,
(so werde ich) das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.”
— Offenbarung 3:20
Darum müssen wir uns umwenden zu diesem dritten Auge, dem verborgenen Auge oder “Shiv Netra” in uns. Gott sprach: “Es werde Licht!” Was geschah? “Es ward Licht.” So verkündet es die Genesis. Und dies ist . . .
“Das Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen;
es ist das Licht der Menschen.”
— Johannes 1:9
Ein solches Licht ist in euch.
„So schaue darauf, daß das Licht in dir nicht Finsternis sei.“
— Lukas 11:35
Alle Schriften sprechen von Strahlen des Lichts, die mit der Musik des Lebens vibrieren — beides ist miteinander verbunden. Der “tönende Strahlenkranz” könnte man sagen, die klingende Ausstrahlung die vom formlosen Absoluten ausging — als Er die Welt in ihren vielfältigen Farben und zahllosen Formen und Gestalten hervorbrachte. Dankt Gott! Er schuf die ganze Schöpfung, und Er ist ihr weiterhin nicht fern. Er durchdringt die Welt, Er durchdringt alles Geschaffene; Er ist weiterhin jenseits der ganzen Schöpfung.
So ist Er in allen vier großen Bereichendes Universums gegenwärtig.
Kabir sagt:
Ich begab mich nach Mekka.
Unterwegs begegnete mir Gott und begann mich zu tadeln:
“O Kabir, wer sagte dir, daß Ich hier wohne?
Bin Ich nicht in dir? Warum kommst du hierher?”
Wenn Er, nach dem wir verlangen, in uns wohnt, wir Ihn aber außerhalb unseres Körpers in den äußeren Dingen suchen, können wir Ihn da jemals finden? Bestenfalls können sie uns einen Anstoß geben, unser Ziel, die Gotterkenntnis, anzustreben — nicht mehr. Pilgerorte, heilige Tempelstätten rufen in uns die Vorstellung von etwas, von Gott, wach; Er wird dort gepriesen.
Können wir Gott sehen?
Guru Nanak wurde diese Frage ganz offen gestellt. Er antwortete: “Ja, Gott ist überall gegenwärtig.”
Die Meister sprechen von dem, was sie sehen. Sie geben keine Begründung dafür, weil sie fähig sind, es zu zeigen, es euch sehen zu lassen. Er ist euch näher als eure Hände oder Gliedmaßen. In den Hindu-Schriften heißt es: “Er ist dir so nahe — nichts in der Welt ist dir näher.” Kabir erklärt: “Einst zweifelte ich daran, aber es ist wirklich so; denn als mein Auge geöffnet war, sah ich Ihn wirklich, und all meine Irrtümer vergingen und meine Zweifel schwanden. Ich sehe Ihn überall.”
Dies ist eine Aufgabe des Meisters. Wir verwechseln ihn mit den Lehrern der Welt, wenngleich allen Achtung gebührt, zu deren Füßen wir etwas gelernt haben. Aber dies ist etwas, das beginnt, wo alle Philosophien enden — wenn eure Verbindung mit dem physischen Körper und eure nach außen gehenden Kräfte ausgeschaltet sind.
Shamas-i-Tabrez wurde gefragt: “Wie ist das mit Gott?” Er antwortete: “Glaubt nicht, bevor ihr Gott seht.”
Die Meister sagen auch:
“Glaubt nicht den Worten des Meisters,
solange ihr nicht selbst bezeugen könnt, daß es so ist.”
Ihr müßt etwas haben, womit ihr beginnen könnt, sei es wenig oder mehr. Wieviel es ist, hängt von eines jeden Hintergrund ab, aber ihr müßt etwas haben, um damit beginnen zu können.
Jemand kommt und hält eine wunderbare Rede über Grundsätze der Geschäftsführung. Die Rede ist sehr informativ, aber die armen Menschen, denen der Vortrag gehalten wird, haben kein Startkapital! Alle Lehrer machen Versprechungen und sagen: “Tut dies, es nach einer gewissen Zeit haben, ihr müßt vorbereitet, ihr müßt dafür aufnahmebereit sein, ihr bekommt es zur Zeit des Todes, seid dessen gewiß — euer Leben wird versichert sein.”
Nun, glaubt das nicht. Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach. “Gebt alles her, und dann werdet ihr alles erhalten?” Nein, ich glaube nicht, daß es so ist. Ihr müßt zuerst gesehen haben.
Er will nichts von euch. Er sagt: “Ich bin gekommen zu geben — es ist Gottes Gabe, nehmt sie kostenlos!” Müßt ihr für das Sonnenlicht zahlen, für die Luft? Warum sollten wir dann für die Gabe Gottes zahlen müssen?
Dies ist das erste, seht ihr: Die Meister kommen um zu geben — nicht um zu nehmen. Sie stehen auf eigenen Beinen.
Und wie Shamas-i-Tabrez sagte:
“Ihr solltet den Geliebten in euch sehen können,
mit eurem eigenen Innerem Auge das ihr erhalten habt;
und ihr solltet fähig sein, Seine Stimme
mit eurem inneren Ohr zu hören.”
That is the first thing, you see: Masters come to give — not to take. They stand on their own legs;
and as Shamaz Tabrez said,
“You should be able to see the Beloved within you
with your own eye which you have got within;
and you should be able to hear His voice
with your own inner ear.”
Nun erhebt sich die Frage: Wie öffnet man das Auge, mit dem man Ihn sehen kann?
Er sagt: “Wenn ihr die Augen schließt, herrscht Dunkelheit. Schaut ganz bewußt in sie hinein, richtet eure volle Aufmerksamkeit darauf. Das ist gemeint mit: Klopfet an, und es wird euch aufgetan.” Ihr schaut direkt und unentwegt hinein, und ihr werdet Licht finden. Wer wird das Licht sehen? Euer wahres Selbst. Ihr werdet feststellen, daß alle Heiligen — Tulsi Sahib, Shamas-i-Tabrez — dasselbe sagen.
“Setzt euch zur Meditation,
und Jahr für Jahr wird nichts aufkommen.”
Tulsi fragt, ”Wie durchdringt man diese Dunkelheit?
Sitzt zu Füßen eines Meisters —
Er gibt euch einen Auftrieb, ihr seht Licht.”
Ist es nicht wunderbar? Ist es kein Wunder? Wozu bedarf es eines weiteren Wunders?
Solange sich ein Mensch nicht über das Leben der Sinne erhebt öffnet sich innere Weg nicht. Ihr seid es, die sehen müßt. Deshalb heißt es:
“Erkenne dich selbst!
O Mensch, erkenne dich selbst — wer du bist, was du bist.”
Was sind wir?
Bewußte Wesen. Wir haben die Aufmerksamkeit erhalten. Wenn diese Aufmerksamkeit von außen zurückgezogen und auf euer eigenes Selbst konzentriert wird, nehmt ihr dort das Licht wahr. Sehr einfach. Seht ihr, daß es eine Sache des gesunden Menschenverstandes ist, was euch dargelegt wird?
Weiter sagt er:
Warum sehen wir Ihn nicht?
Wegen der Verzweigung des Gemüts.
Die Wellenbewegung im unterbewußten Speicher unseres Gemüts geht weiter. Solange diese Wellen nicht zur Ruhe kommen, könnt ihr Ihn nicht sehen. Es ist wie bei einem Teich, bedeckt mit Wasserpflanzen. Wenn ihr jeden Tag das Seegras nach und nach entfernt, könnt ihr ins Wasser schauen und euer Gesicht sehen.
Und was gleicht diesen Pflanzen? Euer Körper; der Körper ist der Beginn aller Täuschung. Wir haben den Körper und wir handeln auf der Ebene des Körpers. Der Körper besteht aus Materie, und daher wandelt er sich jede Minute des Lebens. Die ganze Welt um ihn herum, auch aus Materie bestehend, wandelt sich ebenso — in derselben Geschwindigkeit, wie sich unser Körper wandelt. Da wir mit dem Körper identifiziert sind, entsteht eine optische Täuschung; beide erscheinen ruhend, unveränderlich. Wie können wir aus dieser Täuschung herauskommen? Das ist die Erfahrung, die ein Meister gewährt.
Wenn ihr mit dem Gemüt, den nach außen gehenden Kräften und dem Verstand identifiziert seid und ihr Zuflucht nehmt zu Methoden oder Praktiken, die damit verknüpft sind, wie könnt ihr euch dann darüber erheben? Erhebt euch also über das Körperbewußtsein. Das lehren alle Meister.
“Lernt zu sterben, damit ihr zu leben beginnen könnt.”
Werdet von neuem geboren, werdet zweimal geboren. Um eure Aufmerksamkeit von außen und dem Körper unter zurückzuziehen, gelangt zum Sitz der Seele im Körper. Das wird Meditation genannt. Und Meditation ist der Weg zurück zu Gott, der nur im Menschenkörper erreichbar ist, in keinem anderen. Alle Götter und Göttinnen sehnen sich aus diesem Grund danach, den menschlichen Körper zu erhalten.
So sagt Kabir:
“O Mensch, was rühmst du dich, auf der höchsten Stufe zu stehen,
wenn du Gott nicht erkannt hast?”
Deine Größe besteht nur darin, daß du Gott sehen kannst. Wenn du Ihn nicht gesehen hast, wie kannst du davon sprechen?
Es ist keine Sache des bloßen Redens, indem man lange und hochtrabende Vorträge hält.
Natürlich erhebt sich das Gebet aus den Fehlschlägen unserer eigenen Bemühungen. Wenn alle menschlichen Anstrengungen fehlschlagen, führt das Gebet zum Erfolg.
Zu wem beten wir?
Ein schwacher Mensch wendet sich mit seiner Bitte an einen starken Menschen, oder an Gott:
“O Gott, wir sind hilflos, wir sind fest gebunden
an dieses Gefängnis des Menschenkörpers.
Wie können wir entkommen? Es ist nach allen Seiten verriegelt.
O Gott, sende uns einen Menschen, der uns aus der Umhüllung
dieses menschlichen Körpers herausnehmen kann!”
So beten Maulana Rumi, Soami Ji, Guru Nanak und alle anderen Meister. Jemand fragte Guru Amar Das: “Wie könnt Ihr sagen, was Eure nach außen gehenden Kräfte sind?” Er antwortete: “Setze dich, und sieh.”
Setze dich und sieh, wie deine nach außen gehenden Kräfte wirken. Was geschieht dann? Wenn eure Aufmerksamkeit von außen zurückgezogen ist, ist der Körper für alle praktischen Zwecke erstorben; es ist keine Empfindung mehr im Körper. Wenn ihr euch über diese physische Ebene erhebt, seht ihr das Licht Gottes.
Wenn dies etwas ist, das ihr selbst vermögt, umso besser; was will man mehr? Oder geht zu den Meistern, über die wir soviel sprechen. Wenn sie es vermögen — schön und gut. Aus diesem Grund habe ich gesagt, daß eine spirituelle Revolution notwendig ist, nicht auf der Ebene des Körpers, sondern auf der Ebene der üblen Neigungen (des Gemüts), die euch von Gott entfernt haben.
Nun ist der Frühling gekommen, die Zeiten haben sich gewandelt. Das erste Erfordernis ist ein Guru oder Meister, der gesehen hat; der selbst gesehen hat und uns sehend machen kann. “Guru” bedeutet: das “Licht bricht hervor aus trostlosester Dunkelheit.” Das ist der grundlegende Maßstab für einen Meister — nicht eine Menge Worte: “Ihr seid nicht bereit, ihr müßt bereit sein”, dies und jenes. In alter Zeit wurde es so gehalten, aber jetzt haben sich die Zeiten geändert. Wer kann jahrelang zu Füßen des Meisters sitzen? Sie geben euch also etwas, womit ihr beginnen könnt. Jetzt bewahrt es.
“So schaue darauf, daß nicht das Licht in dir Finsternis sei.”
— Lukas 11:35
Als erstes ist also ein Guru oder Meister erforderlich.
Was ist ein Guru?
Das “fleischgewordene Wort” wird Guru genannt. Gott hat sich in einem Menschenkörper offenbart und ihn einen Guru genannt. Wir achten ihn. Das Kraftwerk wirkt durch eine Glühbirne, es ist Licht da. Doch das Kraftwerk kann nur durch eine Birne wirken, die noch nicht ausgebrannt ist; die alte hatte natürlich ihren Wert, aber wenn sie ausgebrannt ist, wird eine andere eingesetzt. Das Licht, das durch sie kommt, ist die Gotteskraft, genannt die Meisterkraft oder Christuskraft. Diese stirbt niemals, sie wirkt weiter von Pol zu Pol, um die Menschenkinder zurück zu Gott zu führen. Das ist das eine Erfordernis.
Es heißt:
“Wenn ihr Gott sehen wollt,
geht zu einem, der Gott gesehen hat.
Wie kann jemand, der Gott nicht gesehen hat,
euch befähigen, Ihn zu sehen?”
Jetzt wißt ihr, was unter einem “Meister” oder “Guru” zu verstehen ist im Unterschied zu anderen Lehrern der Welt, für die wir Achtung haben, da sie uns etwas von der äußeren Welt lehren. Wieviel Achtung und Dankbarkeit sollten wir gegenüber einem solchen Menschen haben, der uns dies gewährt!
Einmal geschah bei unserem Meister folgendes: Ein christlicher Missionar, der auch in Beas war, kam zu ihm und fragte ihn: “Sagen Sie mir, wer ist größer, Christus oder Ihr Guru?” Sehr freundlich antwortete er: “Sehen Sie, ich habe meinen Guru gesehen, ich habe nicht Christus gesehen. Wenn Sie es bewirken können, daß er vor mir erscheint, werde ich auch ihm begegnen!” Diese Körper vergehen also, aber jene Kraft vergeht nicht, sie bleibt bestehen.
Es gibt Nahrung für die Hungrigen und Wasser für die Durstigen.
Das Gesetz von Bedarf und Versorgung ist ein Gesetz der Natur.
Wie für ein Kind, das vor tausend Jahren geboren wurde oder vor hundert Jahren, so hat Gott auch für eines, das jetzt zur Welt kommt, schon vor der Geburt die Muttermilch bereitgestellt. Denkt ihr nicht, daß das auch weiterhin so sein wird? Dies ist das Gesetz der Natur, versteht ihr? Gottes Gesetz.
Der Meister ist das erste, was man braucht.
Das zweite ist die wahre Lebensweise. Ein ethisches Leben ist ein Schrittstein zur Spiritualität.
“Die Wahrheit steht über allem,
aber noch höher steht die wahre Lebensweise.”
Wir sind alle Brüder und Schwestern in Gott — Tropfen vom Meer allen Bewußtseins. Es gibt weder hoch noch niedrig; und die Kraft, die wir verehren, überwacht uns im Körper. Seht auf niemanden geringschätzig herab, weil ihr eine hohe Position habt, weil ihr gebildet, weil ihr reich seid. Alle sind gleich. Manche stehen am Tisch, andere sitzen in einem Sessel — entsprechend den Rückwirkungen vergangener Karmas.
Als nächstes kommt Reinheit in Gedanken. Unreine Gedanken beschmutzen den ganzen Körper. Ihr könnt nicht erwarten, daß sich Gott in einem Körper voller Unrat offenbart.
Es folgt Gewaltlosigkeit in Worten, Taten und Gedanken. All dieser Schmutz kommt durch das Gemüt, welches den menschlichen Körper verunreinigt.
“Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.”
— Matthäus 5:8
Ihr könnt nicht erwarten, daß sich Gott in einem schmutzigen Haus offenbart. Er ist schon dort, aber Er wird sich nicht offenbaren. Wenn Licht in einer Glühbirne ist, diese aber mit schwarzen Flecken überdeckt ist, könnt ihr dann Licht sehen?
Dies ist also nötig: eine wahre Lebensweise.
Und das dritte ist, daß sie euch den direkten, inneren Weg zu Gott geben, euch darauf führen. Sie greifen aber nicht eure äußeren Rituale, Bräuche, Kennzeichen und Lebensformen; sie erlauben euch, in euren jeweiligen Glaubensgemeinschaften zu bleiben. Es gibt so viele davon — über 700. Er hat nicht vor, ein weiteres Bekenntnis ins Leben zu rufen!
Einmal wurde unser Meister von einigen Leuten gefragt: “Warum gründet Ihr keine neue Religion?” Er antwortete:
“Es sind schon so viele Brunnen gegraben worden, warum sollte ich einen neuen graben?
Das Wasser ist schon da. Die grundlegenden Lehren aller Meister sind immer dieselben gewesen.
Warum von ihnen keinen Gebrauch machen?”
Er gründete keine neue Religion. Die Meister kommen, um zu bewahren, um zu erfüllen, nicht, um zu zerstören. Sie lieben alle. Wenn sie kommen, sind sie nicht der alleinige Besitz irgendeiner Gemeinschaft oder Religion, nicht ein Monopol des Ostens oder des Westens. Sie kommen für die ganze Welt, so wie die Sonne auf der ganzen Welt aufgeht und ihr Licht verbreitet. Sie kommen für alle.
Ihre Lehren sind sehr einfach und bündig. Sie sind ganz einfach und sehr natürlich verglichen mit allen anderen Yoga-Wegen. Sie verlangen nicht von euch, dieses oder jenes Zeremoniell zu befolgen, irgendein Ritual zu beachten, erst eine bestimmte Stufe zu erreichen. Sie erheben euch lediglich über den Körper und öffnen euer inneres Auge, damit ihr das Licht Gottes seht. Das ist das Startkapital, das sie euch gleich zu Beginn geben. Schließlich müssen wir den Körper verlassen. Sie zeigen euch, wie man den Körper verläßt.
Was werdet ihr finden, wenn ihr täglich regelmäßig praktiziert?
Zu der Zeit, da ihr euren Körper verlaßt (beim Tod) seid ihr frohen Mutes. Ihr werdet lächelnd gehen, da ihr wißt, wie man täglich den Körper verläßt. Alle Glorie und Schönheit liegen in euch. Sie geben euch nicht die äußeren Lebensformen oder Riten, Bräuche der verschiedenen Gemeinschaften, da sie nicht beabsichtigen, eine neue Religion zu gründen. Sie kommen nur, um die Religion Gottes zu bringen: die Religion der Liebe. Darum sagen sie, daß Gott in euch wohnt; daß ein Meister der ist, welcher eure Aufmerksamkeit zurückziehen kann, der euch etwas für den Anfang zu geben vermag und der fähig ist, euch aus der Täuschung des menschlichen Körpers herauszunehmen, damit ihr selbst sehen könnt; ihr braucht nicht bis zu eurem Lebensende zu warten. Wie ich schon gesagt habe: Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach.
Darum geht es, solltet ihr wissen: Es gibt Gott, und Er kann durch das Fleisch gewordene Wort offenbart werden; nicht durch jene, die zwar als Mensch inkarniert sind, sich aber nicht über das Körperbewußtsein erhoben haben. Wir haben Achtung für jeden, zu dessen Füßen wir etwas gelernt haben. Aber unter einem Meister im eigentlichen Sinne versteht man einen, der euch Gott als Gabe gewähren kann — verzeiht: so wie man jemandem eine Frucht gibt. So bleibt, wo ihr seid. Ihr habt den ersten Schritt getan. Der nächste Schritt führt euch zu einem, der sieht und euch sehend machen kann. Und dafür ist die wahre Lebensweise erforderlich. Aber die Meister wollen nicht, daß ihr eure äußeren Bräuche oder Gemeinschaften verlaßt.

